Forscher: Im Fußball Prinzip "Wir gegen die Anderen" angelegt

Forscher: Im Fußball Prinzip "Wir gegen die Anderen" angelegt
08.06.2024
epd
epd-Gespräch: Holger Spierig

Bielefeld (epd). Rassismus und Gewaltbereitschaft sind nach den Worten des Konfliktforschers Hannes Delto im Umfeld des Fußballs stärker verbreitet als in anderen Sportarten. Die Ergebnisse der kürzlich veröffentlichten WDR-Umfrage seien daher nicht überraschend, sondern deckten sich mit den Ergebnissen der Mitte-Studie, sagte der am Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld tätige Wissenschaftler und Mitautor der Mitte-Studie dem Evangelischen Pressedienst (epd). In einer WDR-Umfrage hatten 21 Prozent der Befragten angegeben, dass sie es besser fänden, wenn mehr Spieler mit weißer Hautfarbe in der Nationalelf spielen würden.

Themen, wie mehr Diversität in der Gesellschaft, kämen auch im Fußball an, erläuterte der Forscher, der sich mit Vorurteilen und Diskriminierung im Sport befasst. Das deutsche Nationalteam sei deutlich diverser als in früheren Jahren. Darüber komme es zu Konflikten. Diese müssten jedoch konstruktiv verhandelt werden.

Im Fußball sei das Prinzip „Wir gegen die Anderen“ angelegt, sagte der Professor für Sportkommunikation an der Fachhochschule für Sport und Management Potsdam. Zudem gebe es beim Fußball eine stärker ausgeprägte Männlichkeitsvorstellung. Offensichtlich sei Fußball auch ein „exklusives Reservat“, wo man sich von einer zunehmenden Diversität in der Gesellschaft abgrenzen wolle. Skeptisch bewertet der Konfliktforscher, allein mit Verboten oder mit einem Ausschluss von Live-Publikum zu reagieren. Dann würden Konflikte kaum gelöst, sondern nur an andere Orte verlagert.

Mit Blick auf die am 14. Juni beginnende Fußball-EM mahnte der Forscher, dass Fan-Meilen oder Orte mit Public Viewing nicht zu Angst-Räumen für marginalisierte Personen werden dürften. Als Prävention empfiehlt der Sozialwissenschaftler Kommunikations- und Konfliktteams vor Ort ebenso wie „Safe Spaces“ in den Stadien. Das sei eigentlich nicht neu, funktioniere aber bisher nicht an allen Stellen. Auch sollten unabhängige Beschwerdestellen eingerichtet werden, wo von Rassismus betroffene Menschen professionelle Unterstützung erhalten.

Wichtig ist es laut Delto, Fan-Dialoge konstruktiv zu führen sowie Partizipation und Mitbestimmung zu leben. Ebenso wichtig sei es, Zivilcourage zu zeigen, wenn diskriminierende Gesänge angestimmt werden. Diskriminierung, Rassismus und Rechtsextremismus dürften nicht normalisiert werden.