Fan-Forscher: Begeisterung für Heim-EM steht auf tönernen Füßen

Fan-Forscher: Begeisterung für Heim-EM steht auf tönernen Füßen
07.06.2024
epd
epd-Gespräch: Daniel Staffen-Quandt

Würzburg (epd). Die zuletzt wieder gestiegene Begeisterung der deutschen Fußball-Fans für ihre Männer-Nationalmannschaft steht nach Ansicht des Würzburger Fan-Forschers Harald Lange eine Woche vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft auf tönernen Füßen. Die Stimmungslage der deutschen Fans zur EM und zur Nationalmannschaft helle sich zwar etwas auf, sagte der Sportwissenschaftler und Gründer des Instituts für Fankultur an der Uni Würzburg dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Sollte das Eröffnungsspiel gegen Schottland in die Hose gehen, dann ist es mit der besseren Stimmung schnell wieder vorbei!“

Grund für das inzwischen eher distanzierte Verhältnis zwischen Fans und Nationalmannschaft sind aber laut Lange nicht alleine die überschaubaren sportlichen Erfolge der deutschen Elf bei den vergangenen Turnieren. Es liege vor allem am Verhalten der Funktionäre der nationalen und internationalen Fußball-Verbände. So habe zum Beispiel der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wegen der krassen Vermarktung der Nationalmannschaft und die UEFA und FIFA wegen der Wiederzulassung von russischen Nachwuchsmannschaften zu internationalen Wettbewerben trotz des andauernden Krieges ein „riesengroßes Glaubwürdigkeitsproblem“, so Lange.

Die Tatsache, dass sportliche Großveranstaltungen immer größer und aufwändiger werden, ist laut Lange auch aus Fan-Sicht ein Problem. Das betrifft zum einen die steigenden Ticket-Preise, aber nicht nur. An sich seien sportliche Großveranstaltungen nicht mehr zeitgemäß - die Umweltkosten für die Anreise oder auch die neu gebaute Infrastruktur seien zu hoch. Dennoch müsse man nicht darauf verzichten. Man dürfe aber „die Leute nicht für dumm verkaufen“, sagte Lange: „Großveranstaltungen können nie klimaneutral sein, das ist Unterhaltung, das kostet eben Ressourcen.“ Das müssten die Veranstalter dann aber eben auch zugeben.

Generell fordert der Fan-Forscher mehr Ehrlichkeit im Profisport und in der Sportpolitik. Das betreffe vor allem auch die Finanzierung. Bei der Auswahl von Sponsoren etwa gehe es nur um Geld, „das ist auch völlig legitim, denn die Vereine brauchen für ihren Profibetrieb Geld - und die Sponsoren brauchen Image“, erläuterte Lange. Problematisch sei, wenn versucht werde, Sponsorenverträge wie etwa der von Borussia Dortmund mit dem Rüstungskonzern Rheinmetall nach aufflammender Kritik „am besten noch moralisch zu begründen“ - etwa, man wolle so eine Debatte um Verteidigung oder Waffen mit anstoßen: „Das ist Käse.“