Berlin (epd). Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Andreas Jung (CDU), hat der Bundesregierung „Schönfärberei“ in der Klimapolitik vorgeworfen. Die Prognosen zum Treibhausgas-Ausstoß basierten auf Annahmen, die überholt seien, sagte Jung am Donnerstag in einer von seiner Fraktion beantragten Aktuellen Stunde im Bundestag. Im Bundeshaushalt habe der Klimaschutz keine Priorität. Es gebe vielmehr eine lange Streichliste, von Einsparungen beim öffentlichen Nahverkehr bis hin zu Fördermitteln für den Klimaschutz. Dies wirke sich negativ auf die Klimabilanz aus. Gegenwärtig kämen etwa Bürgerenergie-Projekte nicht voran, weil die Fördermittel zwar zugesagt seien, aber ausblieben, kritisierte Jung.
Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsparteien wiesen die Kritik zurück und warfen der Union vor, den Klimaschutz ihrerseits jahrzehntelang ausgebremst zu haben. Die Klima- und Energieexpertin der SPD-Fraktion, Nina Scheer, sagte, die Ampel-Koalition treibe den Ausbau erneuerbarer Energien hingegen voran und habe die Energiewende massiv beschleunigt. Bei der Reduktion der Treibhausgase gebe es gleichwohl eine Lücke, die geschlossen werden müsse.
Die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Julia Verlinden sagte mit Blick auf die jüngsten Überschwemmungen in Bayern und Baden-Württemberg, mit der gleichen Kraft, mit der Helfer, Helferinnen und Betroffene dort anpackten, müssten Politik und Gesellschaft die überaus bedrohliche Erderwärmung bremsen.
Der unabhängige Expertenrat für Klimafragen hatte am Montag ein Sondergutachten zu den Projektionsdaten 2024 über den Treibhausgasausstoß bis 2030 vorgelegt. Danach werden die Klimaziele nicht erreicht, und diese Entwicklung setzt sich voraussichtlich über 2045 hinaus fort. Die Bundesregierung hatte demgegenüber im März erklärt, Deutschland sei erstmals auf dem Weg, seine Klimaschutzziele zu erreichen. Anlass waren die jährlichen Berechnungen des Umweltbundesamts, wonach die Treibhausgasemissionen 2023 gegenüber 2022 um 10,1 Prozent gesunken waren und damit so deutlich wie seit 1990 nicht. Ein Grund war indes die schwache Konjunktur.
Deutschland muss die klimaschädlichen Emissionen aus der Industrie, Energiewirtschaft, dem Verkehr, der Gebäudewirtschaft und weiteren Bereichen gegenüber 1990 bis 2030 um 65 Prozent senken, bis 2040 um 88 Prozent und von 2045 an klimaneutral wirtschaften.