Reaktionen zu Mitgliedschaftsdaten 2024

Leere Kirche, Bibel auf Kirchenbank
epd-bild / Jens Schulze
Das Ziel der Kirche sollte weiterhin bleiben, dass Menschen in der Kirche Halt und Orientierung finden.
"Kirchen grundlegend wandeln"
Reaktionen zu Mitgliedschaftsdaten 2024
Die beiden großen Kirchen verzeichnen einen anhaltend hohen Mitgliederverlust. Zwar gingen die Kirchenaustritte insgesamt zurück, doch Taufen und Eintritte wiegen den Mitgliederschwund nicht auf. evangelisch.de hat für Sie die Reaktionen der Kirchenvertreter:innen hier zusammengefasst.

"Kirche lebt von Menschen, von der Lebendigkeit ihres Glaubens und ihren Ideen. Ich freue mich über jeden, der bei uns sein religiöses Zuhause findet, der die besonderen Momente wie Taufe, Konfirmation oder Trauung bei uns erlebt und Beistand in schweren Momenten findet", sagt Landesbischöfin Heike Springhart von der Evangelischen Kirche in Baden. "Wir setzen auch künftig all unsere Kraft dafür ein, kirchliches Leben so zu gestalten, dass Menschen darin spüren: Ihr Leben ist gehalten – von Gottes Kraft, die größer ist als sie selbst."

Mit einem weit gefassten Zukunftsprozess, der unter anderem innovative Ideen fördert und neue Gemeindeformen ermöglicht, aber sich auch der wertvollen eigenen Traditionen bewusst ist, reagiert die Landeskirche auf die zurückgehenden Mitgliederzahlen und die tiefgreifenden Veränderungen in der Gesellschaft. Die Evangelische Landeskirche in Baden hat derzeit 974.347 Mitglieder (Stichtag 31.12.2024). Zusammen mit den Zu- und Wegzügen sowie den Todesfällen hat die Landeskirche im vergangenen Jahr 30.046 (2023: 31.131) Kirchenmitglieder verloren. 

Auch die Mitgliedzahl der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz (EKBO) ist im Jahr 2024 gegenüber zum Vorjahr nochmals gesunken. Knapp 30.000 Gemeindemitglieder weniger als im Vorjahr verzeichnet die EKBO zum heutigen Tag. Trotz eines Einbruchs durch die Coronajahre ist der Mitgliederverlust in der Landeskirche demnach gleichmäßig seit 2007 um rund 20.000 Kirchenmitglieder, seit 2019 um rund 30.000 Mitglieder pro Jahr gesunken.

Die beiden großen Kirchen haben im vergangenen Jahr zusammen mehr als eine Million Mitglieder verloren.

"Es muss unser Ziel bleiben, dass Menschen in dieser Kirche Halt und Orientierung finden, dass sie sich selbstwirksam und verantwortlich in Projekte und Themen der Kirche einbringen können, dass sie vor allem professionell begleitet werden an den Wendepunkten des Lebens sowie Beistand in ihren Sorgen und in Not erfahren", so Pröpstin Christina-Maria Bammel. Die EKBO sucht den Kontakt zu den Menschen. Eine Initiative mit dieser Ausrichtung hat die Kirchenleitung bereits im vergangenen Jahr angestoßen. 

Latzel: Dass wir kleiner werden, ist ein geschichtlicher Prozess

"Seit Ende der 1960er-Jahre haben wir Kirchenaustritte. Das ist Teil der De-Institutionalisierung wie Säkularisierung in vielen Ländern Europas, des allgemeinen Rückgangs von Parteien, Gewerkschaften, Kirchen einerseits und des Nachlassens religiöser Bindungen andererseits", erklärt Thorsten Latzel, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland.

"Zugleich erleben wir gegenwärtig eine selbstbestärkende Beschleunigung der Prozesse. Mit der Folge: Wir müssen Kirche grundlegend verwandeln. Das ist unsere aktuelle Aufgabe in der wechselreichen Geschichte unserer Kirche." Der Mitgliederbestand am 31.12.2024 beläuft sich laut einer Pressemitteilung der Landeskirche auf knapp über zwei Millionen Menschen. Dabei verzeichnet die Landeskirche 2024 rund 42.200 Kirchenaustritte und 2.100 Aufnahmen. 

Kopp: "Wir wollen eine Kirche sein, die Begleitung und Seelsorge anbietet, Hoffnung schenkt, Sinn stiftet und Räume für Gemeinschaft und Segen öffnet."

Zum Stichtag 31. Dezember 2024 gehörten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern laut einer Pressemitteilung insgesamt 2.025.821 Mitglieder an – das sind 58.642 Personen bzw. 2,8 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Kirchenaustritte sinkt das zweite Jahr in Folge: 2024 traten 39.486 Menschen aus der Kirche aus – das sind 4.706 Austritte bzw. 10,6 Prozent weniger als 2023. In die Kirche eingetreten sind 2.025 Personen. 

Mit Engagement und Kreativität entwickle sich die evangelische Kirche in Bayern weiter und reagiere auf die sich verändernden Bedürfnisse der Menschen, betont Landesbischof Christian Kopp: "Auch wenn die Zahl unserer Mitglieder zurückgeht, sehen wir, dass die Zahl der Austritte weiter sinkt und gleichzeitig wieder mehr Menschen durch eine kirchliche Trauung bewusst Ja zur Kirche sagen." 

Tietz: "Viele Mitglieder schätzen, ein festes Zuhause für ihren Glauben zu finden und in dieser Gemeinschaft zu leben."

"Die Abnahme der Taufen ist für mich ein klares Signal, dass wir weiterhin zur Taufe einladen und neue Formate dafür entwickeln müssen", sagt die Bischöfin der EKKW, Beate Hofmann. Zugleich werbe sie für die Kirchenmitgliedschaft, "um Orte der Kraft, des Trostes für Menschen in Not und in Krisen sowie ein wichtiges Netz der Solidarität zu erhalten". Die Kirchenpräsidentin der EKHN, Christiane Tietz, verweist auf "viele Gründe, weshalb Menschen Mitglied" sind oder werden. Viele schätzten es, "ein festes Zuhause für ihren Glauben zu finden und in dieser Gemeinschaft zu leben".

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hatte zum Stichtag 31. Dezember 2024 noch knapp 1,27 Millionen Mitglieder (2023: 1,32 Millionen), das entspricht einem Rückgang um 3,7 Prozent, wie die EKHN am Donnerstag in Darmstadt mitteilt. In der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) sank die Zahl der Kirchenmitglieder innerhalb eines Jahres um 3,2 Prozent und lag zum Ende des vergangenen Jahres bei mehr als 687.500 Mitgliedern, wie die EKKW in Kassel mitteilt.

Selbstverschuldete Säkularisierung 

Die Lippische Landeskirche nannte als Ursachen für den Mitgliederrückgang Altersentwicklung, Wanderungsbewegungen und Austritte. Die Landeskirche verwies auf ihren Zukunftsprozess. Dabei gehe es unter anderem um die Kommunikation des Evangeliums, die Stärkung von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden sowie für alle Menschen da zu sein. Auf der kommenden Landessynode im Juni soll über konkrete Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele entschieden werden.

Die Bewegung Wir sind Kirche sieht in der stetigen Schrumpfung der römisch-katholischen Kirche in Deutschland einen dauerhaften Prozess, der zu einer weiteren Entfremdung von immer mehr Menschen von der Kirche und umgekehrt der kirchlichen Organisation von den Menschen führt. "Es ist eine auch selbstverschuldete Säkularisierung", heißt es in der Pressemitteilung. Vor Schließungen und Zusammenlegungen von Pfarreien und Aufgabe schulischer, sozialer und kultureller Einrichtungen warnt die Reformbewegung von Laien und Theologen in der römisch-katholischen Kirche.