Göttingen (epd). Die chinesische Regierung zwingt nach Angaben von Menschenrechtlern mehr als 80 Prozent der tibetischen Kinder in Internate. Oft würden schon Vierjährige monatelang von ihren Eltern getrennt, weil das staatliche Internat hunderte Kilometer vom Heimatdorf entfernt liege, erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker am Donnerstag in Göttingen. Insgesamt müssten Hunderttausend Kinder im Alter zwischen vier und sechs Jahren Internate besuchen, um sie von ihrer Sprache und tibetischen Identität abzuschneiden.
Tibet ist von der Volksrepublik China besetzt und verwaltet, der Status der Region ist jedoch völkerrechtlich umstritten. Seit 1950 besteht eine tibetische Exilregierung, die offiziell zwar nicht anerkannt, aber von vielen Ländern unterstützt wird.
Wenn die Kinder nach Monaten der Trennung aus dem Internat nach Hause kämen, könnten sie häufig nur noch Mandarin und weigerten sich, Tibetisch zu sprechen, berichtete die Gesellschaft für bedrohte Völker. Die buddhistischen Traditionen ihrer Eltern und Großeltern schienen sie dann nicht mehr zu interessieren.
„Für die chinesische Regierung ist das Bildungssystem ein Schlachtfeld“, erklärte die Menschenrechtsorganisation. Darauf würden Vielsprachigkeit, religiöse und kulturelle Vielfalt bekämpft - „selbst in den Köpfen kleiner Kinder“.