Tagung in Schwerte: Afghanistan-Experten fordern mehr Dialog

Tagung in Schwerte: Afghanistan-Experten fordern mehr Dialog

Schwerte (epd). Bei der 37. Afghanistan-Tagung der Evangelischen Akademie Villigst in Schwerte haben Experten am Wochenende eine andere Außenpolitik gefordert, die stärker auf Dialog setzt. Die gegenwärtige deutsche Außenpolitik zeichne sich durch einen „autistischen Moralismus“ aus, der im Umgang mit den radikalislamischen Taliban in Afghanistan und für die Menschen in dem Land am Hindukusch wenig hilfreich sei, sagte der Schirmherr der Tagung, der frühere Außen-Staatsminister Christoph Zöpel (SPD).

Zöpel erinnerte an die Verhandlungen, die der SPD-Politiker Egon Bahr (1922-2015) Anfang der 70er Jahre im Zuge der neuen Ostpolitik im Auftrag der Bundesregierung geführt habe, um Reiseerleichterungen für die Menschen in der Bundesrepublik und in der DDR zu ermöglichen, ohne Ostberlin diplomatisch anzuerkennen. Ein ähnliches Vorgehen sei heute notwendig, wenn man etwas für die Frauen und die Achtung der Menschenrechte in Afghanistan erreichen wolle.

Der Exil-Afghane Mohammed Belal El-Mogaddedi kritisierte, die „feministische Außenpolitik“ von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erreiche die afghanischen Frauen nicht. „Außenpolitik ist kein Wunschkonzert“, sagte er.

Die Leiterin des Regionalprogramms Südwestasien der Konrad-Adenauer-Stiftung, Ellinor Zeino, machte auf den innerafghanischen Dialog aufmerksam. Es gebe eine Auseinandersetzung zwischen gemäßigten und orthodoxen Taliban über die Bildungspolitik, sagte sie. Der Westen habe nicht wahrgenommen, dass auch schon vor dem überstürzten Abzug der westlichen Truppen viele Taliban-Anhänger in den verantwortlichen Positionen in den Verwaltungen tätig gewesen seien.

Vor der Tagung hatte es Kritik daran gegeben, dass ursprünglich ein Vertreter der Taliban eingeladen war. Nach der öffentlichen Auseinandersetzung um den Auftritt eines anderen Taliban-Funktionärs in einer Kölner Moschee habe man von der Einladung wieder Abstand genommen, sagte der Tagungsleiter, Pfarrer Uwe Trittmann. Die Tagung fand zudem nur verkürzt und online statt.

Die Villigster Afghanistan-Tagungen bieten seit 1984 eine Plattform für Dialog, Begegnung und Diskussion. Vertreter der Taliban würden dabei nur in Abstimmung mit den zuständigen Bundesbehörden eingeladen, um Verstöße gegen das Strafrecht in Deutschland auszuschließen, hatte die Akademie im Zusammenhang mit der Ausladung des Taliban erklärt.