Zentralratspräsident Schuster: Juden erleben "psychischen Terror"

Zentralratspräsident Schuster: Juden erleben "psychischen Terror"

Augsburg (epd). Der Zentralrat der Juden in Deutschland beklagt eine wachsende Sorge um die Sicherheit von Juden sowie eine abnehmende Solidarität der Zivilgesellschaft. Zentralratspräsident Josef Schuster sprach in der „Augsburger Allgemeinen“ (Donnerstag) von „psychischem Terror“, den Jüdinnen und Juden in Deutschland gegenwärtig erlebten. Schuster warnte auch, dass sich die Stimmung im Land zu drehen beginne: „Sehr schnell hört man von vielen Seiten der Gesellschaft bereits das berühmte 'Ja, aber'.“

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel vor dreieinhalb Wochen häufen sich in Deutschland antisemitische Vorfälle. In Berlin gab es einen versuchten Brandanschlag auf eine Synagoge. Bei Demonstrationen von Palästinensern und ihren Unterstützern wurden Polizisten mit Feuerwerkskörpern beschossen und zum Teil verletzt.

Kritik äußerte Schuster auch an der Enthaltung der Bundesregierung zu einer UN-Resolution zum Nahost-Konflikt. Damit habe die Bundesregierung „ein Zeichen des Alleinlassens gesendet“. In der Resolution wurde am vergangenen Freitag eine humanitäre Waffenruhe in der Region gefordert. Der Terror der radikalislamischen Hamas wurde darin nicht verurteilt. Deutschland hatte sich deshalb enthalten.

Hermann Simon, Gründungsdirektor der Stiftung Centrum Judaicum in der Berliner Synagoge in der Oranienburger Straße, sagte derselben Zeitung: „Bei fast allen Familien in der Gemeinde geht es gerade darum, ob etwa die Kinder noch sicher sind in der Kita oder Schule.“ Gebäude könnten bewacht werden, aber nicht alle Juden im Alltag. Dass es in bestimmten, muslimisch geprägten Vierteln Berlins gefährlich sei, als Jude erkennbar zu sein, sei zwar nicht neu, doch die Situation habe sich noch einmal drastisch verschärft.

Der Historiker, dessen Mutter im Berliner Untergrund den Holocaust überlebt hatte, sagte der „Augsburger Allgemeinen“: „Ja, ich habe Angst. Nicht um mich, aber um die Generationen nach uns. Angst habe ich auch um ein Land, dessen Bürger ich bin und in dem ich mich bisher gut aufgehoben fühlte.“ Simon, Jahrgang 1949 und für seine Verdienste „um die Förderung jüdischen Lebens sowie für Verständigung und Versöhnung“ frisch mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet, fügte hinzu: „Die Betonung liegt auf 'bisher'.“