Ein wohlklingendes aber lautes und vielleicht sogar typisch evangelisches Zeichen für die Demokratie setzen will eine Initiative innerhalb der evangelischen Nordkirche. Sie hat Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen aufgefordert, vor der Bundestagswahl mit Posaunen, Trompeten und Gesang für Demokratie, Vielfalt und Toleranz aufzuspielen.
Die Initiative "#Demokratie stärken. Dein Kreuz für Vielfalt und Toleranz" rufe dazu auf, an den drei Sonnabenden vor der Wahl (8., 15. und 22. Februar) vor Kirchen oder auf Marktplätzen Lieder zum Mitsingen zu spielen wie etwa "Die Gedanken sind frei", "We shall overcome" und "Von guten Mächten treu und still umgeben", teilte die Hamburger Bischofskanzlei am Freitag mit. Es gebe bereits viele, die mitmachen wollen, hieß es. Wer sich für diese Idee begeistern kann, kann hier die Liedzettel herunterladen.
Tausende Teilnehmer werden auch an diesem Samstag zu einer Großkundgebung gegen Rechtsextremismus auf dem Nürnberger Kornmarkt erwartet. Auch hier ist die evangelische Kirche mit dabei - sie ist Mitglied des Demo-Organisators Allianz gegen Rechtsextremismus. Ab 16 Uhr wollen die Teilnehmer unter dem Motto "Wer Demokratie wählt, wählt keine Rassisten" demonstrieren.
Auf der Bühne am Kornmarkt findet unter anderem eine Gesprächsrunde statt, an der sich der bayerische Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Bernhard Stiedl, und die Präsidentin der bayerischen Diakonie, Sabine Weingärtner, beteiligen. Moderiert wird das Gespräch von der evangelischen Nürnberger Regionalbischöfin und Allianz-Co-Vorsitzenden Elisabeth Hann von Weyhern.
Brandmauer stärken in Nürnberg
Hann von Weyhern sagte, die Allianz wolle mit der Kundgebung "eine positive Botschaft" senden: "Wir laden die Menschen ein, zu zeigen, wo die Mehrheit steht. Wir wollen zusammenhalten." Es müsse allen klar sein, dass "die Probleme in unserem Land" im Rahmen der demokratischen Spielregeln gelöst werden müssen, betonte die Theologin: Es dürfe hingegen "kein Platz sein für politische Scharfmacherei und Hetze". Die Allianz will mit der Demo "die Brandmauer für Demokratie und gegen Rechtsextremismus" wieder stärken, teilte sie mit.
In den vergangenen Tagen hatte unter anderem schon die Rummelsberger Diakonie zur Teilnahme an der Demo aufgerufen. Es handle sich dabei nicht nur um ein lokales Ereignis, sondern auch um ein klares Signal für eine offene und demokratische Gesellschaft. Mitarbeitende und Freunde der Rummelsberger würden mit Schildern und Plakaten an der Demo teilnehmen.
Bunt wie die Wies´n ist München
Unter dem Motto "München ist bunt!" hoffen die Veranstalter in der bayrischen Hauptstadt auf über 50.000 Teilnehmer zur Demokratie-Demo. Sie findet ebenfalls am Samstag statt. Auf der Theresienwiese wolle man kurz vor der Bundestagswahl "ein kraftvolles Zeichen für Vielfalt, Menschenwürde, Zusammenhalt und Demokratie" setzen und wende sich gegen den "generellen Rechtsruck in der Gesellschaft, der auch aus der demokratischen Mitte kommt", sagte ein Sprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ein breites gesellschaftliches Bündnis von Jugendverbänden, Gewerkschaften, Kultureinrichtungen und Religionsgemeinschaften unterstützt die Demonstration.
Der evangelische Münchner Stadtdekan Bernhard Liess rief auf Facebook zur Teilnahme auf. Kurz vor der Bundestagswahl sei es wichtig, "dass sich die Kräfte und Menschen zeigen, die für eine pluralistische, weltoffene und demokratische Gesellschaft einstehen". Den Vorwurf, sich parteipolitische einzumischen, kontert der Theologe: "Nein, das tun wir nicht, ausgenommen unsere klare Haltung gegen die AfD." Politischer Streit gehöre in der Demokratie dazu. Er brauche aber "die Fähigkeit, Kompromisse zu schließen und andere Meinungen auszuhalten", schreibt Liess.
Zuvor hatte bereits Andrea Betz, Vorstandssprecherin der Diakonie München und Oberbayern, für die Demo geworben. Jeder Mensch verdiene es, mit Würde und Respekt behandelt zu werden, so Betz.
Omas kämpfen für ihre Enkel:innen
Um ein Zeichen gegen rechtsextremes Gedankengut zu setzen, wollen in den kommenden Tagen auch an vielen Orten in Niedersachsen und Bremen Bürgerinnen und Bürger auf die Straße gehen. Die meisten Veranstaltungen finden am Sonnabend im Rahmen eines bundesweiten Aktionstags der "Omas gegen rechts" statt. Die Initiative ruft zu einem bundesweiten Aktionstag am 8. Februar auf. Neben Mahnwachen, Sternmärschen und Menschenketten seien in zahlreichen Städten zwischen Hamburg und Konstanz Flashmobs, Choraufritte und Kulturfeste geplant, teilten die Omas gegen Rechts Boizenburg mit. Die bevorstehende Bundestagswahl sei wichtiger als viele vorherige, erklärte die Initiative. "Nie war die Gefahr so groß, dass unsere demokratischen Errungenschaften und damit die Basis unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens durch neue Mehrheitsverhältnisse im Bundestag in Gefahr geraten."
Demos sind unter anderem in Hannover, Braunschweig, Bremen, Osnabrück, Meppen, Emden, Leer, Buxtehude, Cuxhaven und in der Wesermarsch geplant. Auch bundesweit beteiligen sich viele weitere Kommunen an dem Aufruf zu Protesten. Das Bündnis "Bremerhaven bleibt bunt" ruft zu einer Kundgebung am Sonntag ab 15 Uhr auf. Auch am Folgewochenende sollen weitere Demonstrationen stattfinden, unter anderem am 15. Februar in Braunschweig, Leer und Diepholz und am 16. Februar in Bad Zwischenahn und Wunstorf. Auf Wangerooge soll es ab 16.30 Uhr einen Lichtermarsch "Licht an für Demokratie" geben.
Weitere Demonstrationsveranstaltungen, möglicherweise auch in Ihrer Stadt, können Sie beispielsweise auf der Website von Terres des Hommes finden.