Berlin, Bogotá (epd). Am Sonntag finden in Kolumbien inmitten einer angespannten Sicherheitslage Regionalwahlen statt. Insgesamt werden nach Angaben der Nationalen Wahlbehörde 32 Gouverneure, 1.120 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie mehr als 12.000 Stadtvertreter im ganzen Land neu bestimmt. Die Wahl ist zugleich ein Stimmungstest für die linksgerichtete Regierung. Präsident Gustavo Petro war im vergangenen Jahr mit dem Versprechen angetreten, das Land zu befrieden.
Inzwischen laufen Verhandlungen mit der noch aktiven ELN-Guerilla und der Farc-Splittergruppe Estado Mayor Central. Beide Rebellengruppen haben zugesagt, den reibungslosen Ablauf der Wahlen nicht zu stören. Vor allem in entlegenen Regionen im Nordosten und im Zentrum des Landes sind die bewaffneten Gruppen aktiv.
Mit Spannung werden auch die Abstimmungen über die einflussreichen Bürgermeisterposten der größten Städte des Landes erwartet. In Medellín werden laut Umfragen dem Konservativen Fico Gutiérrez gute Chancen auf das Bürgermeisteramt eingeräumt. Bei den Präsidentschaftswahlen 2022 kam er auf den dritten Platz. In der Hauptstadt Bogotá gilt der liberale Politiker Carlos Fernando Galán als Favorit. Der Journalist kommt aus einer bekannten Politikerfamilie. Sein Vater war Präsidentschaftskandidat und wurde von dem Drogenboss Pablo Escobar ermordet. Es ist bereits das dritte Mal, dass sich Galán um den Bürgermeisterposten in Bogotá bewirbt. Umfragen sagen aber eine Stichwahl voraus.
Nach etwa 14 Monaten im Amt nimmt die Zustimmung der Menschen zur Regierung unter Petro immer weiter ab. Einer aktuellen Umfrage zufolge glauben 79 Prozent der Befragten, dass Petro sein zentrales Wahlkampfversprechen, das Land zu befrieden, nicht umsetzen kann. Kolumbien gilt als eines der unsichersten Länder weltweit. Nach einem aktuellen Kriminalitätsranking unter 193 Ländern kommt Kolumbien auf den zweiten Platz nach Myanmar. Auch werden gezielt Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten sowie Anführer von Bauernverbänden und Indigenen getötet.
Inzwischen ist Kolumbien auch wieder zum größten Kokainproduzenten weltweit aufgestiegen. In vielen Gebieten liefern sich bewaffnete Banden, Paramilitärs und Splittergruppen der Guerilla einen Kampf um die Vorherrschaft im Drogenhandel.
Zugleich erschütterten in den vergangenen Monaten Skandale die Regierung. So wurde Petros Sohn wegen illegaler Wahlkampffinanzierung in Untersuchungshaft genommen. Jüngst hatte Petro mit Dutzenden Tweets zum Krieg im Nahen Osten bei vielen Kolumbianern für Fassungslosigkeit gesorgt. Darin verglich er den Gegenangriff Israels auf den Terrorakt der Hamas mit dem Holocaust und bezeichnete die Hamas als Erfindung Israels.