Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erinnerte an den Angriff gegen den Rabbiner Daniel Alter, der vor sieben Wochen in der Hauptstadt brutal zusammengeschlagen worden war. "Ich glaube, dass dieser Überfall Handlungsauftrag an uns alle war", sagte Friedrich vor den Abgeordneten. Der Kampf gegen jede Form von Extremismus sei Aufgabe des Staates und der Gesellschaft.
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Oppositionsvertreter forderten als Konsequenz aus den Ergebnisses des Berichts eine bessere Unterstützung der Programme gegen Antisemitismus. Der bereits im Januar öffentlich vorgestellte Bericht des Expertengremiums um den Londoner Historiker Peter Longerich kommt zu dem Schluss, dass Judenfeindlichkeit in der deutschen Bevölkerung nach wie vor weit verbreitet ist. Rund 20 Prozent der Deutschen sind demnach "latent antisemitisch".
Der Bericht empfiehlt eine bessere Finanzierung, Vernetzung und Verstetigung von Programmen gegen Antisemitismus. Bundestagsvizepräsident Wolfgang (SPD) Thierse forderte, die Empfehlungen schnell umzusetzen und beklagte mangelndes Engagement der Bundesregierung gegen Antisemitismus. Der Bericht habe eine größere Aufmerksamkeit verdient, sagte Thierse.
Vorwurf: Beschneidungsdebatte sei instrumentalisiert worden
Der SPD-Politiker forderte vor allem eine bessere Finanzierung von Projekten. Oftmals würden diese gerade erst richtig mit der Arbeit beginnen, wenn die Förderung bereits wieder auslaufe. Erneut warb er für eine Bundesstiftung, unter deren Dach Projekte gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus gebündelt werden können. Vertreter der Koalitionsfraktionen wiesen Thierses Kritik am derzeitigen Engagement gegen Antisemitismus zurück.
Auch Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) und Grünen-Fraktionschef Volker Beck forderten eine verlässliche Finanzierung. Beck warb dafür, Kommunen bei Projekten finanziell zu entlasten. Mehrere Redner verwiesen bei der Diskussion auch auf die Debatte um religiöse Beschneidung. Sie sei von Antisemiten instrumentalisiert worden, beklagten unter anderem Thierse und Beck.
Die Verfasser des Antisemitismusberichts arbeiten seit Herbst 2009. Das Gremium war im November 2008 zum 70. Jahrestag der NS-Pogromnacht vom Bundestag beschlossen worden.