Frankfurt a.M., Quito (epd). Nach dem tödlichen Anschlag auf den Präsidentschaftskandidaten Fernando Villavicencio gilt in Ecuador für 60 Tage der Ausnahmezustand. Staatschef Guillermo Lasso ordnete den Notstand am Donnerstagmorgen (Ortszeit) per Dekret an, wie die Zeitung „El Universo“ berichtete. Wenige Stunden zuvor war Villavicencio bei einer Wahlkampfveranstaltung in einer Schule in der Hauptstadt Quito erschossen worden.
Dem Bericht zufolge wurden die Polizei sowie die Streitkräfte mobilisiert, um die Sicherheit in dem südamerikanischen Land zu gewährleisten. Am 20. August wird in Ecuador bei vorgezogenen Wahlen ein neues Staatsoberhaupt gewählt. Lasso hatte im Mai inmitten einer politischen Krise den Kongress aufgelöst und regiert seitdem per Dekret.
Villavicencio, der für die Wahlen in eineinhalb Wochen kandidierte, war in Ecuador als investigativer Journalist bekannt, der vor allem die weitverbreitete Korruption kritisierte. Er soll mehrfach von Drogenkartellen bedroht worden sein. Der 59-Jährige bewarb sich als Kandidat der Bewegung „Construye“ (Baue) um das höchste Staatsamt und lag laut den jüngsten Umfragen auf dem vierten oder fünften Platz.
Die Europäische Union verurteilte den Anschlag. „Dieser tragische Gewaltakt ist auch ein Angriff auf die Institutionen und die Demokratie in Ecuador“, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Die für die Tat Verantwortlichen müssten juristisch zur Rechenschaft gezogen werden.
Auf einem in sozialen Medien verbreiteten Video ist zu sehen, wie Villavicencio die Schule in Quito verlässt und einen Pickup besteigen will. Dann sind Schüsse und Schreie zu hören. Nach Behördenangaben wurden mindestens neun Menschen durch die Schüsse verletzt, darunter eine Kandidatin für den Kongress und zwei Polizisten. Einer der Schützen soll nach Aussage der ecuadorianischen Staatsanwaltschaft ums Leben gekommen sein.
Hinter dem Attentat auf den Präsidentschaftskandidaten werden Drogenbanden vermutet, wie auch Präsident Lasso bestätigte. „Die organisierte Kriminalität hat es zu weit getrieben, aber sie wird die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen“, schrieb er auf der Plattform X, ehemals Twitter.
Das einst friedliche Ecuador leidet unter einer Welle der Gewalt. Die Mordrate von 25 Tötungsdelikten je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern im vergangenen Jahr war die höchste in der Geschichte des Landes und überstieg sogar jene von Mexiko und Brasilien. Die Regierung macht vor allem Drogenbanden wie das mexikanische Sinaloa-Kartell für die Gewalt verantwortlich, die um die Macht im Land kämpfen.