Frankfurt a.M., Moskau (epd). Russland hat die Vereinbarung zum Export von Getreide aus der Ukraine aufgekündigt. Das berichtete die russische Agentur Interfax am Montag unter Berufung auf eine Sprecherin des Außenministeriums. Demnach hat Russland bei der Ukraine, der Türkei sowie den UN offiziell Einspruch gegen eine Verlängerung des Abkommens eingereicht, das am Montagabend ausläuft.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte Interfax zufolge, dass Teile des Abkommens, die Russland betreffen, nicht erfüllt worden seien. Sobald dies der Fall sei, werde die Umsetzung der Vereinbarung wieder aufgenommen.
Unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei hatten sich die Ukraine und Russland im Juli 2022 auf die Initiative geeinigt. Sie ermöglichte trotz des Krieges die Ausschiffung landwirtschaftlicher Güter aus der Ukraine. Ebenso sollten Dünger und Lebensmittel aus Russland über das Schwarze Meer exportiert werden. Das Abkommen war zuletzt im Mai für 60 Tage verlängert worden.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) kritisierte die Entscheidung Russlands scharf. Der russische Präsident Wladimir Putin nehme „die Ärmsten der Armen auf dieser Welt in Geiselhaft für seine grauenhafte Kriegstreiberei“, erklärte Özdemir. „Es muss ein Ende haben, dass Hunger als Waffe eingesetzt wird“, betonte der Grünen-Politiker.
Die stellvertretende deutsche Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte in Berlin, man appelliere weiter an Russland, der Verlängerung des Abkommens, das wichtig sei für viele Millionen, vielleicht sogar Milliarden Menschen, zuzustimmen. Der Krieg dürfe nicht auf dem Rücken der Ärmeren ausgetragen werden.
Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden seit Inkrafttreten des Abkommens mehr als 32 Millionen Tonnen landwirtschaftlicher Güter aus der Ukraine in 45 Länder exportiert. Die Lieferungen hätten dazu beigetragen, dass die globalen Lebensmittelpreise zuletzt wieder etwas gesunken waren. Auch das UN-Welternährungsprogramm habe dank der Vereinbarung Menschen in Afghanistan, Äthiopien, Kenia, Somalia, Sudan und dem Jemen mit insgesamt 725.000 Tonnen Weizen versorgen können.
Die Ukraine und Russland zählten vor dem Krieg zu den weltweit größten Getreideexporteuren. Viele Länder in Nord- und Ostafrika waren von Lieferungen aus den beiden Ländern abhängig. Die globalen Lebensmittelpreise stiegen nach Beginn der russischen Invasion stark an. Laut den Vereinten Nationen hungern weltweit etwa 735 Millionen Menschen, deutlich mehr als noch vor vier Jahren. Zu den Gründen zählen demnach auch die Folgen des russischen Angriffskrieges.