Hunderte Menschen haben am Sonntag ( 26.1.) bei einem Gedenkgottesdienst vor und in der Aschaffenburger Stiftskirche der Opfer der tödlichen Messerattacke vom Mittwoch gedacht. Mehrere Redner warnten vor gesellschaftlicher Spaltung und einer Instrumentalisierung der Gewalttat. Am Mittwoch waren bei einer Messerattacke ein zwei Jahre altes Kind und ein 41-jähriger Mann getötet sowie drei Menschen schwer verletzt worden.
Bayerns Landesbischof Christian Kopp sagte, ihn mache das Geschehen fassungslos: "Ein Erwachsener gegen ein kleines Kind. Das ist so abgründig, dass es tiefer nicht mehr geht." Gleichwohl dürfe man sich die "Entscheidung für die Nächstenliebe" weder von "einer einzelnen Person, die psychisch krank war", noch von jenen Kräften, "die diese Tat für das Spalten der Gesellschaft nutzen" wollten, nehmen lassen. Die Gemeinschaft sei "viel stärker als der Hass und die Gewalt Einzelner".
Der Imam der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde, Zischan Mehmood, zu dessen Gemeinde das getötete Kind nicht gehörte, nannte den getöteten 41-Jährigen ein "Sinnbild der Mitmenschlichkeit". "Nun ist es unsere Aufgabe, diese Mitmenschlichkeit zu bewahren", sagte er. Es gebe "viele Spalter und Scharfmacher", die diese Tragödie ausnutzen wollten. "Der Respekt vor den Opfern" verbiete jedoch eine Instrumentalisierung für Wahlkampfzwecke.
Bereits am Samstagnachmittag hatte eine Trauerfeier für den in Aschaffenburg getöteten Jungen in einer Moschee in Frankfurt stattgefunden. Daran hätten bis zu 1.000 Menschen teilgenommen, bestätigte die Polizei auf Anfrage. Nach Informationen des Hessischen Rundfunks verlegte die in Aschaffenburg lebende Familie die Feier aus Platzgründen nach Frankfurt, weil die dortige Tarik-Ben-Ziyad-Moschee größer als die Aschaffenburger Moschee sei.
Der katholische Würzburger Bischof Franz Jung dankte bei dem Gedenk-Gottesdienst am Sonntag jenen, "die in diesen Tagen ein Zeichen des Mitgefühls und der Solidarität gesetzt haben". Sie hätten damit gezeigt, dass sie sich "nicht vom Hass überwinden lassen und jeder Form von Gewalt absagen". Auch dankte Jung dem 41 Jahre alten Todesopfer für seinen "selbstlosen Einsatz", als er sich schützend vor die Kita-Kinder geworfen hatte.
Aschaffenburgs Oberbürgermeister Jürgen Herzing (SPD) nannte den 41-jährigen zweifachen Familienvater einen "Schutzengel für die Kinder". Zugleich warnte auch er vor einer politischen Instrumentalisierung. "Es gibt viele, die in diesen Tagen glauben, Antworten zu haben", erläuterte Herzing. Es sei aber Aufgabe der Polizei, die Tat und ihre Hintergründe aufzuklären. Diese mache das "hervorragend". Aufgabe aller sei es aber, aller Wut und allem Hass zum Trotz auch künftig "ohne Hass miteinander zu leben", betonte Herzing.
Gut und böse sind keine Frage von Herkunft
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte in seiner Rede nach dem Gedenkgottesdienst: "Das Gute und das Böse sind keine Frage von Herkunft, Nationalität, Ethnie und Glauben." Er erinnerte namentlich an die Opfer: "Der kleine Yannis hatte noch so viel vor sich." Auch die Zivilcourage des Familienvaters hob Söder hervor. Er kündigte an, Kai-Uwe Danz posthum die bayerische Rettungsmedaille zu verleihen.
Hunderte Menschen verfolgten die Gedenkfeier in der restlos besetzten Basilika vor der Kirche auf einer Großbildleinwand. Vor dem Gottesdienst hatte Söder gemeinsam mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Kränze zum Gedenken niedergelegt. An der Gedenkfeier nahmen neben Söder und Faeser unter anderem Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sowie die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth (Grüne) teil.
Tatverdächtig ist ein offenbar psychisch kranker 28-jähriger Afghane, der ausreisepflichtig war. Er wurde in der Psychiatrie untergebracht. Verletzt wurden ein zweijähriges Mädchen aus der attackierten Kita-Gruppe, eine Erzieherin sowie ein Passant.