Hilfsorganisation: Europäisches Asylsystem ist gescheitert

Hilfsorganisation: Europäisches Asylsystem ist gescheitert
Der Plan der Europäischen Union, bis Ende 2012 ein tragfähiges gemeinsames Asylsystem zu errichten, ist nach Ansicht des Pro-Asyl-Geschäftsführers Günter Burkhardt gescheitert.
06.10.2012
epd
Isabel Guzmán

"Die Menschenrechtsrhetorik der EU und ihr praktisches Handeln klaffen weit auseinander", sagte der Flüchtlingsexperte in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Unzähligen politischen Flüchtlingen werde auch in Zukunft der dringend nötige Schutz verwehrt werden, kritisierte Burkhardt. Europa setze stattdessen auf Abschottung und behandele Asylsuchende immer häufiger wie Straftäter.

Die europäischen Regierungen hatten 1999 auf dem EU-Gipfel von Tampere (Finnland) beschlossen, eine Reihe gemeinsamer Gesetze in der Asylpolitik zu erlassen. Überall in Europa sollten demnach die gleichen hohen Schutzstandards gelten - etwa bezüglich der Asylverfahren, der Abschiebe-Prozeduren oder der Sozialhilfe für Asylsuchende. "Doch was nützen hohe Standards, wenn Flüchtlinge die Länder gar nicht erreichen können?" so Burkhardt. Zudem seien viele Gesetzesklauseln enttäuschend ausgefallen. So würden etwa zahlreiche Gründe aufgelistet, aus denen Asylbewerber künftig in Haft genommen werden könnten.

"Griechenland und Ungarn weit von Standards entfernt"

Burkhardt verwies auch darauf, dass Länder wie etwa Griechenland und Ungarn weit davon entfernt seien, die Standards in die Praxis umzusetzen. Die EU-Länder müssten daher darauf verzichten, Asylbewerber in Grenzstaaten mit Menschenrechtsproblemen zurückzuschicken. Es sei ein "fundamentaler Fehler", dass auch künftig die Ersteinreisestaaten für die Bearbeitung der Asylanträge zuständig seien, unterstrich Burkhardt. "Zumindest haben Flüchtlinge künftig die Möglichkeit, gegen Überstellungen gerichtlich vorzugehen. Das ist eine Verbesserung."

Sinnvoll wäre es jedoch, wenn Schutzsuchende im EU-Land ihrer Wahl den Asylantrag stellen könnten, sagte der Pro-Asyl-Geschäftsführer. Denkbar sei es etwa, die Migranten nach ihrer Einreise in die EU mit einem Passierschein auszustatten. "Praktisch kann das dazu führen, dass in manchen Staaten mehr Asylanträge gestellt werden. Dann kann Europa einen finanziellen Ausgleich schaffen." Indessen sei unverständlich, wieso Flüchtlinge vor allem als Last für die Gesellschaften gesehen würden. "Das sind oft junge Menschen, die arbeiten wollen, die Potenzial haben", sagte der Flüchtlingsexperte.