Essen (epd). Das Gesundheitswesen soll laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) künftig deutlich weniger von Bürokratie und Ökonomisierung bestimmt werden. „Bei der Ökonomisierung sind wir in einigen Bereichen zu weit gegangen“, sagte Lauterbach selbstkritisch bei der Eröffnung des Deutschen Ärztetags am Dienstag in Essen.
„Technokratische Lösungen fressen die Seele der Versorgung auf“, sagte Lauterbach vor rund 250 ärztlichen Delegierten aus 17 Landesärztekammern bundesweit. Das Gesundheitswesen müsse zurück zu den Wurzeln einer an den Bedürfnissen der Menschen orientierten Medizin. Als „roten Faden“ seiner noch 2023 anstehenden Reformen bezeichnete es der Bundesgesundheitsminister, in manchen Bereichen „eine überdrehte Ökonomisierung zurückzudrehen“, etwa bei Fallpauschalen in Krankenhäusern, über die sie sich finanzieren müssten.
Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) nannte es eine „Gerechtigkeitsfrage“ sicherzustellen, dass alle Menschen in akzeptablen Zeiträumen Zugang zum Gesundheitssystem hätten. Kritisch äußerte sich Laumann hinsichtlich einer wachsenden Zahl „kapitalgesteuerter“ Medizinischer Versorgungzentren (MVZ). Patienten müssten sich darauf verlassen können, dass ärztliche Beratung „von Fachwissen geprägt ist und nicht von finanzieller Abhängigkeit“.
Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt forderte eine frühzeitige Einbeziehung der Landes- und Bundesärztekammern in den vom Bundesgesundheitsministerium geplanten Reformprozess. Sein Eindruck sei, dass die politische Partizipation der Ärzteschaft oft „als unnötig oder störend empfunden“ werde und der Praxischeck für neue Maßnahmen zu spät komme. „Partizipation bei der Planung sollte am Anfang einer jeden Reformidee stehen“, sagte Reinhardt.