Köln (epd). Die Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi, hat die Bedeutung des 1. Mai im Kampf für das Recht auf menschenwürdige Arbeit und ein gutes Leben betont. „Es geht um einen gesellschaftlichen Wandel, der sozial gerecht ist“, sagte Fahimi am Montag bei der Hauptveranstaltung des DGB zum Tag der Arbeit in Köln. „Nur mit starken Gewerkschaften und unseren Tarifverträgen können wir der Profitgier etwas entgegensetzen.“ Deutschland müsse die Krisen solidarisch bewältigen und eine Zukunft gestalten, in der alle gerechte Chancen hätten, rief sie vor 2.000 Zuhörerinnen und Zuhörern.
Die Notwendigkeit dieses Kampfes zeigt sich laut Fahimi derzeit vor allem bei den Lohnauseinandersetzungen. „Die Inflation hat bei uns allen ein Loch in den Geldbeutel gebrannt.“ Dagegen helfen hohe Lohnabschlüsse, die im Zweifel auch mit Streiks erkämpft würden, so die DGB-Chefin. Was möglich sei, habe man in den Abschlüssen in der Chemie- und Metall-Industrie gesehen.
An Arbeitgeber und Teile der Politik gewandt, warnte Fahimi davor, das Streikrecht einschränken zu wollen. „Tarifverhandlungen auf Augenhöhe setzen den Arbeitskampf voraus“, betonte sie. Wer dieses verfassungsgemäße Grundrecht einschränken wolle, müsse „mit der entschlossenen und anhaltenden Gegenwehr der gesamten Gewerkschaftsbewegung rechnen“. „Tarifautonomie ohne Streikrecht ist nichts anderes als kollektives Betteln“, kritisierte die Gewerkschafterin scharf.
Um den Beschäftigten wieder mehr Schutz zu bieten, müsse die Tarifbindung erhöht werden. Fahimi forderte von der Bundesregierung einen Nationalen Aktionsplan zur Steigerung der Tarifbindung: „Die Politik muss endlich raus aus der Zuschauerrolle.“ Die 500 Milliarden Euro Steuergeld, die die öffentliche Hand jedes Jahr an Aufträgen vergibt, dürften in Zukunft nicht mehr an Tarifverweigerer gehen. „Wir akzeptieren keine Trippelschritte mehr: Mit einem umfassenden Bundestariftreuegesetz müssen alle öffentlichen Aufträge, Wirtschaftshilfen und Versorgungsaufträge des Bundes einbezogen werden.“
Die DGB-Vorsitzende sprach vom größten wirtschaftlichen Umbau der Gesellschaft seit der Industrialisierung, der Deutschland bevorstehe. „Die Arbeitnehmer dürfen nicht Opfer dieser Transformation sein.“ Die wirtschaftliche Mitbestimmung in Betrieben garantiere ihnen gute Arbeitsplätze in der Zukunft. Setze man die Vorschläge der Gewerkschaften um, zu der unter anderem auch eine Vermögens- und Erbschaftsteuer gehören, ließen sich zusätzliche 60 Milliarden Euro an Einnahmen für die öffentliche Hand erzielen, sagte Fahimi.
Die bundesweiten 1. Mai-Kundgebungen standen in diesem Jahr unter dem Motto „Ungebrochen solidarisch“. Nach Angaben des DGB nahmen 287.880 Menschen an den knapp 400 Veranstaltungen teil.