Die KI meisterte die Aufgabe zwar, doch gut genug für die Kanzel fand Hansen die so entstandenen Texte nicht, zumal die KI einen Fehler machte. Nutzen wolle die Pastorin ChatGPT aber dennoch weiterhin.
epd: Warum haben Sie sich dazu entschieden, ChatGPT eine Predigt schreiben zu lassen?
Pamela Hansen: Mein Wehrführer ist schuld. Ich bin aktives Feuerwehrmitglied, wir hatten Jahreshauptversammlung, er trug seinen Jahresbericht vor und sagte danach, ChatGPT habe diesen geschrieben. Daraufhin war ich so neugierig, dass ich mich bei ChatGPT registrierte und der KI sagte, sie solle eine Predigt schreiben.
Wie lautete Ihre Aufforderung an die KI genau?
Hansen: Ich habe den Bibeltext Lukas 22, Vers 47-53 aus der Basisbibel hineinkopiert und ChatGPT aufgefordert, dazu eine Predigt zu schreiben. Dann habe ich versehentlich auf "Eingabe" gedrückt. Ich wollte eigentlich noch dazu schreiben, dass es um Verrat, Vertrauensbruch, Jesus und Judas gehen soll. Das habe ich bei einem zweiten Versuch nachgeholt. Ich habe also zwei Predigten von der KI erhalten.
Wie beurteilen Sie die Ergebnisse?
Hansen: Ich würde mich nicht auf die Kanzel stellen und diese Predigten halten. Die Aspekte werden in ihnen nur kurz angerissen. Außerdem fehlt der konkrete Bezug auf das Leben der Menschen. Persönliche Lebenserfahrungen beisteuern, das kann die KI nicht. Zwischendurch schrieb sie sogar: "Ich habe keine Gefühle." Gut gefallen hat mir dagegen, dass die KI sich damit beschäftigt hat, was wir Menschen aus dem Bibeltext lernen können. Sie schrieb, der Text erinnere uns daran, dass das Böse letztendlich besiegt werden wird: "Obwohl Jesus in dieser Nacht verhaftet wird, ist das nicht das Ende seiner Geschichte. Wir wissen, dass er am dritten Tag auferstanden ist und somit den Tod besiegt hat. Auch wenn wir in unserem Leben mit Dunkelheit und Finsternis konfrontiert werden, sollten wir uns daran erinnern, dass das Licht am Ende siegen wird."
Allerdings hat die KI an einer Stelle auch einen Fehler gemacht: Sie behauptete, Jesus hätte Judas geküsst.
"Gut gefallen hat mir dagegen, dass die KI sich damit beschäftigt hat, was wir Menschen aus dem Bibeltext lernen können."
Haben Sie die KI auf den Fehler hingewiesen?
Hansen: Ja, ich schrieb ihr: "Du hast etwas falsch verstanden - Judas küsste Jesus, nicht umgekehrt." Daraufhin antwortete sie: "Es tut mir sehr leid, ich habe das tatsächlich falsch verstanden. Ich möchte meine Predigt korrigieren." Das fand ich niedlich.
Nach dieser Gesamterfahrung werden Sie ChatGPT aber wohl nie wieder für Ihre Arbeit nutzen...
Hansen: Doch, ich werde die KI definitiv weiter nutzen. Denn wenn ich anfange, eine Predigt vorzubereiten, habe ich meist relativ schnell ein Thema im Kopf und dann die Scheuklappen auf. Beim Chatten mit der KI hat diese mir ein, zwei andere Aspekte aufgezeigt, das war für mich eine schöne Hilfe, um an meinem eigenen Predigttext zu arbeiten.
"Beim Chatten mit der KI hat diese mir ein, zwei andere Aspekte aufgezeigt, das war für mich eine schöne Hilfe, um an meinem eigenen Predigttext zu arbeiten."
Abgesehen davon, dass eine KI Fehler machen kann, welche Gefahren sehen Sie noch bei ihrem Einsatz?
Hansen: Ich sehe die Gefahr, dass der Versuch, selbst einen Standpunkt zu finden und einzunehmen, wegfällt. Weil ich von der KI etwas vorgesetzt bekomme und womöglich nicht kritisch damit umgehe. Das ist, als würde ich einen Teller Suppe vorgesetzt bekommen und den löffele ich dann aus, ohne mir Gedanken darüber zu machen, was da überhaupt drin und ob das gut für mich ist.
In welchen Lebensbereichen könnte der Einsatz von KI Ihrer Meinung nach Sinn machen?
Hansen: Wenn die KI gut funktioniert, kann sie eine echte Hilfe im Verwaltungsbereich sein. Denn egal, wo Sie hingucken, ob in der Kirche oder woanders: Verwaltung ist immer ein Riesenaufwand und keiner will es machen. Ich kann mir vorstellen, dass eine KI uns da das Leben sehr erleichtern könnte. Es muss aber natürlich immer auch eine Kontrolle da sein.
"Ich kann mir vorstellen, dass eine KI uns da das Leben sehr erleichtern könnte."
Und in welchen Lebensbereichen verbietet sich der Einsatz von KI Ihrer Ansicht nach?
Hansen: Ich glaube nicht, dass KI einen Seelsorger oder eine Seelsorgerin ersetzen kann. Oder Psychotherapeuten. Ich würde mich auch nur ungern von einer KI operieren lassen, selbst wenn das Programm einwandfrei funktioniert. In bestimmten Situationen braucht es Bauchgefühl, also eine innere Stimme, die sagt: "Was du vorhast, ist verkehrt, lass es sein!" So etwas kann KI nicht.
Auch nicht in Zukunft?
Hansen: Das weiß ich nicht. Die Frage ist, wie lernfähig die KI ist und ob sich daraus so etwas entwickeln kann. Grundsätzlich würde ich es nicht ausschließen.