München (epd). Der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx fordert seine Kirche zu einem Diskurs über ihre Sexuallehre auf. Es sei „um der Menschen willen“ an der Zeit, eine lebensdienliche Moral und Lehre weiterzuentwickeln, „die auf der Höhe der gegenwärtigen Debatten die Menschenfreundlichkeit Gottes verkündet“, sagt Marx laut einer Mitteilung des Erzbistums München und Freising in einem Radiobeitrag, der am Samstag im Bayerischen Rundfunk (BR) gesendet wird.
Der Umgang mit Fällen von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche habe gezeigt, „dass es eine Grundproblematik gibt im Beziehungsfeld von Kirche und Sexualität“. Ein „systemischer Blick“ darauf spiele „ganz zu Recht“ eine wichtige Rolle in den Beratungen des Synodalen Weges. Der Reformdialog entstand im März 2019 nach Veröffentlichung der Missbrauchs-Studie. Katholische Bischöfe und Laien diskutieren beim Synodalen Weg gemeinsam über die Zukunft der Kirche.
Im Radio-Beitrag der Reihe „Zum Sonntag“ erteilt Marx den Klischees von sündigem Sex gegen reine Liebe eine Absage. Beide überzeichneten Extreme haben nach Überzeugung des Kardinals wenig mit der Realität zu tun. Dennoch sei in Theologie, Predigt und pastoraler Praxis in der Vergangenheit oft ein negatives Bild menschlicher Sexualität gezeichnet worden: „Sie wurde mit Schuld und Sünde bewehrt, was auch zu Verdrängung und Doppelmoral geführt hat.“
Diese oft einseitig als „Verbotsmoral“ wahrgenommene kirchliche Lehre habe zu oft den eigentlichen Kern aus dem Auge verloren. Schließlich wolle das christliche Menschenbild auch im intimsten Bereich menschlichen Lebens „positive und befreiende Perspektiven“ eröffnen, sagte Marx.