Köln, Genf (epd). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) räumt im Rückblick Fehler in der Corona-Politik ein. Im Nachhinein betrachtet sei es falsch gewesen, die Schulen und Kindertagesstätten so lange geschlossen zu halten, sagte Lauterbach am Montag. Laut Schätzungen des Roten Kreuzes starben seit dem Jahreswechsel 2019/2020 mehr als 6,5 Millionen Menschen an oder mit dem Covid-19-Erreger. Trotz eines hohen Immunitätsniveaus der Bevölkerung stuft die WHO die Pandemie weiter als internationalen Gesundheitsnotsand ein.
Lauterbach betonte im „Morgenmagazin“ der ARD, die beratenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hätten der Bundesregierung die Schulschließungen empfohlen. Oft sei aber der Wissensstand nicht wirklich gut gewesen. Die Betriebe habe Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern „relativ geschont“, erklärte der Minister in seinem kritischen Rückblick. „Wir sind aber bei den Kindern und den Schulen sehr hart eingestiegen.“
Von den Fehlern, die auf mangelndes Wissen zurückzuführen sind, seien Unregelmäßigkeiten wie illegale Maskengeschäfte oder viel zu teure Corona-Tests zu unterscheiden. „Das sind Dinge, die hätten nie passieren dürfen“, unterstrich der Mediziner Lauterbach, der sich zu Beginn der Pandemie vor rund drei Jahren noch als Gesundheitspolitiker in der SPD-Bundestagsfraktion engagiert hatte.
WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus sagte am Montag in Genf, er werde der Empfehlung des Notfallausschusses seiner Organisation folgen, wonach der internationale Gesundheitsnotstand beizubehalten sei. Laut dem Ausschuss kann die steigende Zahl geimpfter Menschen und genesener Infizierter die gefährlichen Auswirkungen des Erregers begrenzen. Es bestehe aber kaum ein Zweifel daran, dass der Erreger auf absehbare Zeit bei Mensch und Tier bleiben werde.
Vor drei Jahren hatte Generaldirektor Tedros auf Empfehlung des Expertenausschusses den internationalen Gesundheitsnotstand und somit die höchste WHO-Alarmstufe ausgerufen. Dem Ausschuss gehören internationale Gesundheitsexperten an.
Unterdessen warnte die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften vor dem Auftreten einer möglichen neuen Pandemie. Die Welt sei nicht richtig für einen weiteren globalen Notfall gerüstet. Kein Erdbeben, keine Dürre und kein Wirbelsturm in der Geschichte der Menschheit habe mehr Menschenleben gefordert als die Covid-19-Pandemie, hielt die Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften in ihrem Weltkatastrophenbericht fest.