Lützerath (epd). Wohl und Wehe des zu Erkelenz gehörenden Dorfes Lützerath ist seit Jahren mit der Braunkohle im Rheinischen Revier verknüpft. Der Weiler liegt im Tagebaugebiet Garzweiler II nahe der Abbruchkante. Der Energiekonzern RWE Power AG will Lützerath, wie schon andere Ortschaften zuvor, abreißen und die darunterliegende Kohle abbaggern. Am Mittwoch hat die Polizei mit der Räumung des von Klimaaktivisten besetzten Ortes begonnen.
Im Gegensatz zu anderen abgebaggerten Dörfern soll Lützerath, dessen Geschichte bis ins zwölfte Jahrhundert zurückreicht, nicht an anderer Stelle wieder entstehen. Der Ort ist inzwischen Symbol des Widerstands von Anwohnern, Braunkohlegegnern und Klimaschützern gegen den Abbau und die Verstromung der Braunkohle. Eine Chronologie der Ereignisse:
- 1997: Der Rahmenbetriebsplan für den Tagebau Garzweiler I/II für den Zeitraum 2001 bis 2045 wird zugelassen. Die Räumung von Ortschaften beginnt. Das Projekt Garzweiler II ist landespolitisch umstritten.
- 2005/2006: Im Tagebau Garzweiler wird ein „Lackabzug“ vorgenommen, ein Verfahren zur Analyse von Gestein und Sedimentschichten. Garzweiler II enthält Schätzungen zufolge 1,3 Milliarden Tonnen Braunkohle-Reserven.
- 2006: Die Umsiedlung der Ortschaft Lützerath beginnt.
- März 2014: Die rot-grüne nordrhein-westfälische Landesregierung kündigt eine Verkleinerung der zukünftigen Tagebaufläche von Garzweiler II an.
- Juli 2020: Bundestag und Bundesrat beschließen den vollständigen Ausstieg aus der Kohleverstromung in Deutschland bis spätestens 2038 sowie Strukturhilfen für die betroffenen Regionen.
- 2020: RWE beginnt mit Rodungs- und Abrissarbeiten in Lützerath. Braunkohlegegner und Klimaschützer protestieren. Eine Mahnwache wird eingerichtet. Es kommt wiederholt zu Hausbesetzungen. Auf dem Hof des Landwirts Eckardt Heukamp entsteht ein Protestcamp.
- April 2021: Landwirt Heukamp, letzter verbliebene Ortsansässiger von Lützerath, wehrt sich in mehreren Instanzen gerichtlich gegen seine Enteignung.
- März 2022: Das Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt ein Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen, nach dem die „vorzeitige Besitzeinweisung“ des Grundbesitzes von Heukamp an RWE rechtens war. Heukamp verkauft Hof und Grund an den Energiekonzern.
- 4. Oktober 2022: RWE, NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne) verkünden auf einer gemeinsamen Pressekonferenz, dass Lützerath abgebaggert werden soll. Dafür sollen die übrigen fünf noch nicht geräumten Ortschaften - Kuckum, Berverath, Keyenberg, Oberwestrich und Unterwestrich - erhalten bleiben und der Ausstieg aus der Braunkohleverstromung von 2038 auf 2030 vorgezogen werden.
- 23. Dezember 2022: Aufgrund einer Allgemeinverfügung des Landkreises Heinsberg ist das Betreten von Lützerath und der Zufahrtsstraßen nicht mehr erlaubt. Die Verfügung gilt bis zum 14. Februar 2023 - bis dahin soll Lützerath geräumt sein.
- 2. Januar 2023: RWE beginnt mit Unterstützung der Polizei mit vorbereitenden Arbeiten für Abrissarbeiten des Dorfes Lützerath ab Mitte Januar. Unter anderem werden Barrikaden auf Zufahrtsstraßen entfernt.
- 9. Januar 2023: Anmeldungen zur Mahnwache in Lützerath enden. Die Polizei informiert auf einer Pressekonferenz über ihre Einsatzplanung zur Räumung von Lützerath.
- 10. Januar 2023: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW weist die Beschwerde von Klimaaktivisten gegen das Aufenthaltsverbot in Lützerath ab.
- 11. Januar 2023: Die Polizei beginnt mit der Räumung des Ortes. Unter anderem werden Barrikaden in Form von Betonpfeilern von den Straßen entfernt. Einige Aktivisten verlassen das Camp, andere verschanzen sich in Häusern oder blockieren sitzend Straßen. Die Polizei umstellt den Ort.