Entwässerte Moore verursachen mehr Emissionen als Flugverkehr

Entwässerte Moore verursachen mehr Emissionen als Flugverkehr
Moore sind lange unterschätzte CO2-Speicher. Sie könnten die Klimabilanz deutlich verbessern. Aber 90 Prozent sind hierzulande entwässert. Aus ihnen entweichen jährlich 53 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente, sieben Prozent der Gesamtemissionen.

Berlin (epd). Die Trockenlegung von Mooren ist laut Umweltexperten mit mehr als zwei Milliarden Tonnen Kohlendioxid (CO2) für rund vier Prozent aller menschengemachten Emissionen verantwortlich. Laut dem am Dienstag in Berlin vorgestellten „Mooratlas 2023“ der Heinrich-Böll-Stiftung, des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Greifswalder Michael Succow Stiftung sind weltweit über zehn Prozent der 500 Millionen Hektar Moore entwässert, in Mitteleuropa sogar weit über 90 Prozent.

Jedes Jahr kämen weitere 500.000 Hektar zerstörte Moore hinzu, sagte Böll-Stiftungs-Vorständin Imme Scholz. Haupttreiber der globalen Moorzerstörung seien die Land- und Forstwirtschaft. So werde auf entwässerten Moorflächen in Südost-Asien unter anderem Palmöl angebaut.

Das beschleunigt laut Scholz das Artensterben und die Klimakrise. Obwohl Moore weltweit nur drei Prozent des Landes bedeckten, speicherten sie etwa doppelt so viel Kohlenstoff wie die Biomasse aller Wälder der Erde zusammen, die mit 27 Prozent fast ein Drittel der Landfläche ausmachen. Der Torfboden von Mooren fungiert demnach bis in tiefe Schichten als CO2-Speicher, das freigesetzt wird, wenn Moore trocken fallen.

„Die weltweite Entwässerung von Mooren verursacht auch deutlich mehr CO2-Emissionen als der globale Flugverkehr“, sagte die Vorständin der Grünen-nahen Böll-Stiftung. Bei den weltweiten Emissionen aus entwässerten Mooren liege die EU mit knapp zwölf Prozent neben Russland mit ebenfalls knapp zwölf und Indonesien mit 34,4 Prozent auf einer der drei Spitzenpositionen.

In Deutschland sind nach Angaben des Geschäftsführers der Michael Succow Stiftung, Jan Peters, weit über 90 Prozent der Moore bereits trockengelegt. Um die globalen Klimaziele zu erreichen, müssten hierzulande jährlich mindestens 50.000 Hektar Moorböden wieder vernässt werden - eine Fläche fast so groß wie der Bodensee. Aktuell seien es nur knapp 2.000 Hektar.

Von den 1,8 Millionen Hektar Moorfläche in der Bundesrepublik würden derzeit 1,5 Millionen Hektar landwirtschaftlich genutzt: „Das Thema ist extrem lange stiefmütterlich behandelt worden, obwohl der Moorschutz großen Einfluss auf unsere Klimabilanz hat.“

So entweichen laut Peters jährlich 53 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente aus entwässerten Mooren in Deutschland, immerhin sieben Prozent der Gesamtemissionen. In der Landwirtschaft seien sie sogar für über 37 Prozent aller Treibhausgase verantwortlich.

Vor diesem Hintergrund fordern die Herausgeber des 50 Seiten umfassenden „Mooratlas“ ein Umdenken. Insbesondere die Land- und Forstwirtschaft müssten die Potenziale beispielsweise einer sogenannten Paludikultur, also der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung nasser Hoch- und Niedermoore, erkennen. Ein Beispiel dafür sei der Anbau von Schilf für Dachreet oder die energetische Verwertung von Niedermoor-Biomasse, sagte Peters.

„Einerseits braucht es eine Honorierung der Landwirtinnen und Landwirte, wenn sie wieder vernässte Moorflächen bewirtschaften“, sagte der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt: „Andererseits brauchen wir eine Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren für Wiedervernässungsmaßnahmen.“