Berlin (epd). Die Blockade des Flughafens BER Berlin-Brandenburg befeuert die Diskussion über die Klima-Proteste der „Letzten Generation“ aufs Neue. Parteiübergreifend bis hin zur Grünen-Spitze wurde Kritik an der Aktion vom Donnerstag geäußert. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) schrieb bereits am Donnerstagabend auf Twitter, den Flughafen zu blockieren, sei eine „erneute Eskalation“ und „absolut inakzeptabel“. Auch Klimaforscher schätzten die Aktionen als kontraproduktiv ein.
Klima-Aktivisten hatten am Donnerstagnachmittag den Flugverkehr in der Hauptstadtregion lahmgelegt. Laut Polizei waren gegen 16.20 Uhr sechs Mitglieder der Protestgruppe „Letzte Generation“ unerlaubt in den nicht-öffentlichen Sicherheitsbereich des Flughafens eingedrungen und hatten sich im Bereich der Start- und Landebahnen auf den Asphalt geklebt. Auf Videomitschnitten ist zu sehen, wie vorher ein Maschendrahtzaun durchtrennt wurde.
Fünf Männer und eine Frau zwischen 20 und 32 Jahren wurden festgenommen. Der Flugverkehr wurde kurz nach 18 Uhr wieder freigegeben. Eine Person befand sich am Freitag nach richterlicher Anordnung weiterhin im Gewahrsam. Ermittelt wird wegen gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr, Angriffen auf den Luftverkehr, Störung öffentlicher Betriebe, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch.
Nach Überzeugung von Innenministerin Faeser zerstören derartige Aktionen die Akzeptanz für den Kampf gegen den Klimawandel. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) nannte die Aktionen der Aktivisten „immer skrupelloser“. Die Gesellschaft könne ein solches Verhalten nicht hinnehmen, der Rechtsstaat müsse entschieden dagegen vorgehen. Im Fernsehsender Welt forderte er zudem eine Überprüfung der Sicherheit am BER.
Grünen-Chef Omid Nouripour kritisierte im selben Sender, wenn Leben gefährdet würden und Menschen nicht in den Urlaub könnten, sei das nicht akzeptabel. Er könne alle verstehen, die davon „hypergenervt“ seien.
Die deutsche Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik, Jennifer Morgan, mahnte: „Wir brauchen das Engagement der jungen Menschen und der Zivilgesellschaft. Aber jeder Einsatz für den Klimaschutz muss im Rahmen der Gesetze unserer Demokratie bleiben“, sagte die Staatssekretärin im Auswärtigen Amt und ehemalige Geschäftsführerin von Greenpeace International den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag).
Der Klimaforscher Mojib Latif nannte die Protestaktionen der „Letzten Generation“ „völlig kontraproduktiv“. Es werde nicht mehr über das Thema diskutiert, sondern nur noch über die Art des Protestes, kritisierte der Wissenschaftler vom Kieler Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung im „Wochentester“-Podcast von „Kölner Stadt-Anzeiger“ und „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Freitag).
Auch die Energieökonomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung mahnte Verhältnismäßigkeit beim Protest an. Dem Inforadio des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) sagte sie: „Ich verstehe die Verzweiflung, die dahinter ist.“ Ziel sollte aber eher sein, mit „demokratischen Mitteln“ vorwärtszukommen.