Berlin (epd). Im Streit über eine längere Laufzeit der noch am Netz verbliebenen deutschen Atomkraftwerke hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entschieden. Wie aus einem am Montag veröffentlichten Schreiben von Scholz an die beteiligten Minister hervorgeht, will er auch den Meiler Emsland über das Jahresende hinaus bis Mitte April am Netz halten. Damit blieben drei statt der von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geplanten zwei AKW in Betrieb - allerdings nur so lange, wie von Habeck gefordert. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte eine Verlängerung bis ins Jahr 2024 angeregt. Entscheiden muss über die Verlängerung der Bundestag.
Bislang war nur vorgesehen, die beiden süddeutschen Atomkraftwerke Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim in Baden-Württemberg in der Reserve zu halten. Bei seiner Entscheidung, nun auch den Meiler Emsland weiter zu betreiben, verweist Scholz auf seine Richtlinienkompetenz als Kanzler. Das Schreiben ist gerichtet an Habeck, Lindner und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne), in deren Zuständigkeit das Atomgesetz fällt. Alle drei bittet der Kanzler um Regelungsvorschläge, die zeitnah ins Kabinett gehen sollen. Noch in dieser Woche soll das Thema auf die Tagesordnung des Bundestags, weil die Zeit für die Vorbereitungen für einen längeren Betrieb drängt.
In dem Schreiben von Scholz heißt es weiter, dass verbunden mit dieser Entscheidung ein „ambitioniertes Gesetz“ zur Steigerung der Energieeffizienz vorgelegt werden soll. Zudem solle die zwischen Bundesregierung, nordrhein-westfälischer Landesregierung und dem Konzern RWE erfolgte Absprache für einen vorgezogenen Kohleausstieg im Jahr 2030 - im Gegenzug zur Verlängerung von Kohlekraftwerken bis 2024 - gesetzgeberisch umgesetzt werden.
Der Kanzler habe Klarheit geschaffen, erklärte FDP-Chef und Finanzminister Lindner nach der Entscheidung bei Twitter. Die weitere Nutzung des Kernkraftwerks Emsland sei „ein wichtiger Beitrag für Netzstabilität, Stromkosten und Klimaschutz“. Der Vorschlag finde daher „die volle Unterstützung“ der FDP.