Berlin (epd). Nach der Absage des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) an die bisherige deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung will Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nicht gänzlich auf das Sammeln von Daten zur Strafverfolgung verzichten. Der EuGH habe unter anderem ausdrücklich entschieden, dass IP-Adressen gespeichert werden dürften, sagte Faeser am Dienstag in Berlin. „Die damit eröffneten rechtlichen Möglichkeiten müssen wir nutzen, um bei der Bekämpfung von organisierter Kriminalität, von extremistischen und terroristischen Bedrohungen und anderen schweren Straftaten konsequent handeln zu können“, sagte Faeser.
Die Innenministerin geht damit auf Konfrontationskurs zu Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), der bereits erklärte hatte, die Vorratsdatenspeicherung nun gänzlich abschaffen zu wollen. Der EuGH hatte am Dienstag geurteilt, dass die allgemeine und unterschiedslose Vorratsdatenspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist, es sei denn, es liege eine ernste Bedrohung für die nationale Sicherheit vor. Zur Bekämpfung schwerer Kriminalität könnten die Mitgliedstaaten unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit insbesondere eine gezielte Vorratsspeicherung und/oder eine umgehende Sicherung solcher Daten sowie eine allgemeine und unterschiedslose Speicherung von IP-Adressen vorsehen, erklärten die Richter.
Faeser verwies bei ihrer Forderung nach einer Speicherung zumindest von Teildaten auf die Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder. Es sei erschütternd, dass 2021 im Jahresdurchschnitt jeden Tag 49 Kinder in Deutschland Opfer sexualisierter Gewalt geworden seien. Kein Täter dürfe sich sicher fühlen vor Strafverfolgung, sagte Faeser. „Die Speicherung der Daten, mit denen wir Täter identifizieren können, ist unbedingt erforderlich - und nach dem heutigen Urteil zulässig“, erklärte sie.
Faeser will nach eigenen Worten nun gemeinsam mit Buschmann nach einer „konstruktiven und guten Lösung“ suchen. Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP verabredet, vor einer Neuregelung das EuGH-Urteil abzuwarten und diese dann so auszugestalten, „dass Daten rechtssicher anlassbezogen und durch richterlichen Beschluss gespeichert werden können“.