Berlin, Bad Saarow (epd). Vor der Sitzung des Deutsch-Polnischen Umweltrates am Montag im brandenburgischen Bad Saarow mehren sich Rufe nach einschneidenden Konsequenzen aus dem massiven Fischsterben in dem Grenzfluss. Der WWF forderte am Sonntag erneut, die Mitte Februar auf polnischer Seite begonnenen Ausbauarbeiten sofort zu stoppen. Nach Einschätzung von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) könnte es Jahre dauern, ehe sich die Oder von der jüngsten Umweltkatastrophe erholt hat.
Lemke trifft am Montag in Bad Saarow mit ihrer polnischen Amtskollegin Anna Moskwa zusammen. Die Umweltministerinnen von Deutschland und Polen wollen sich jeweils vor Beginn und nach Ende der Sitzung des Deutsch-Polnischen Umweltrates gemeinsam vor der Presse äußern.
Der 1991 gegründete Deutsch-Polnische Umweltrat tritt auf Ministerebene jährlich zusammen. Er soll Leitlinien und Schwerpunkte für die Zusammenarbeit im Umweltbereich erarbeiten und die Zusammenarbeit im grenznahen Raum fördern.
Bundesumweltministerin Lemke sagte vorab dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Samstag), in dem Ökosystem Oder sei weit größerer Schaden entstanden als das Fischsterben. Erste Untersuchungsergebnisse ließen befürchten, dass es gravierendere Schäden geben könnte. Es werde jetzt gemeinsam sehr intensiv daran gearbeitet, die Ursachen zu ermitteln und weitere Maßnahmen zu vereinbaren, damit sich so eine Katastrophe nicht wiederholen kann.
Zu Beginn des Fischsterbens sei von polnischer Seite sehr spät informiert worden, räumte Lemke ein: „Aber nicht nur in Polen werden chemische Substanzen in Gewässer eingeleitet.“ Auch in Deutschland gebe es genehmigte Einleitungen. Ob künftig jede Genehmigung einzeln daraufhin geprüft werden müsse, ob sie bei Hitze oder Niedrigwasser zum Problem wird, lasse sich nicht generell sagen.
Die Ursachen des Fischsterbens sind nach Lemkes Worten noch nicht endgültig geklärt. Ihrer Einschätzung nach handele es sich um eine menschengemachte Gewässerverschmutzung, vermutlich in Kombination mit der Hitze, die niedrige Wasserstände und hohe Wassertemperaturen verursacht habe.
Der WWF-Referent für Gewässerschutz, Tobias Schäfer, verwies am Sonntag in Berlin auf wissenschaftliche Expertisen, wonach der Oder-Ausbau schwerwiegende Eingriffe in das Fluss- und Auen-Ökosystem mit sich bringe. „Nach dem Kollaps, den die Oder gerade erlebt hat, wäre dies das Letzte, was der Fluss jetzt noch braucht“, sagte Schäfer.
Einen Stopp des Oder-Ausbaus hatten in den vergangenen Tagen bereits etliche weitere Umweltverbände und die Bundesumweltministerin gefordert. Auch die Kirchen beiderseits der Grenze setzten sich überkonfessionell für den Schutz des Gewässers ein.
Anfang August war in Brandenburg ein massives Fischsterben in dem Grenzfluss beobachtet worden. Seither wurden tonnenweise tote Fische geborgen. Als Auslöser wird inzwischen eine Kombination aus hohem Salzgehalt, möglichen Giftstoffen, giftigen Algen und niedrigem Wasserstand infolge Trockenheit vermutet.