In Äthiopien sind es die sogenannten Zauberrollen gegen Krankheit und Dämonen, das Andenvolk der Maya glaubt und glaubte an den uralten Zauber der Sorgenpüppchen, denen die Menschen getrost Ängste und Kummer anvertrauen dürfen. In Rumänien gibt es das "Märzchen", eine Tradition aus vorchristlicher Zeit. Sie bestand aus einer rot-weißen Schnur, die man sich ums Handgelenk band. Bis heute symbolisiert die rote Farbe die Sonne, weiß den Schnee. Ende März verschenkt man kleine Anhänger und hängt das Märzchen an blühende Bäume, "damit der Wunsch in Erfüllung geht und das Jahr gut wird", heißt es im Begleitheft zur Sonderausstellung "Gegen das Böse. Für das Gute" im Naturhistorischen Museum in Nürnberg.
Bernhard Mayer ist einer der Kuratoren und brennt für das Glücks-Thema. Wenn er Interessierte durch die Schau führt, sei das zugleich eine Zeitreise, betont er: "Bei vielen Fundstücken kennen wir die Hintergründe, aber es gibt auch Gegenstände, die uns bis heute Rätsel aufgeben." Er deutet auf eine Vitrine mit Gegenständen, von denen einige "vermutlich im Zusammenhang mit einer Person stehen, die magisch tätig war".
"Amulette oder Glücksbringer können uns das gute Gefühl geben, alles getan zu haben, was in der menschlichen Macht steht", liest man im Ausstellungskatalog: "Sie können uns positiv stimmen und beruhigen, dass wir lange nicht alles unter Kontrolle haben."
Die Ausstellung im Foyer des Museums teilt sich in mehrere Bereiche: Von archäologischen Funden und teils rätselhaften Grabbeigaben geht es quer durch die Geschichte der magischen Gegenstände früherer Epochen in die Gegenwart, in die hinein nicht zuletzt auch so manche vorgeschichtliche Vorstellung wirkt. Woher kommt etwa der Aberglaube, dass Schornsteinfeger Glück bringen? "Ganz einfach", erklärt Bernhard Mayer: "Die Hexe fährt durch den Schlot aus. Der Kaminkehrer nimmt diesen gleichen Weg - und ihm passiert nichts."
Marienkäfer fliegt mit Sorgen zur Muttergottes
Bei vielem, was gemeinhin als Glücksbringer gilt, seien die Hintergründe heutzutage Menschen gar nicht mehr bewusst, sagt Mayer: So auch beim Marienkäfer - der zur Muttergottes fliegt und die Wünsche der Menschen gleich dorthin mitnimmt. Auch der heilige Christophorus, der das Jesuskind durch den Fluss getragen haben soll, gehört in diese Kategorie: Auf Plaketten in manchem Auto wird an diese Legende erinnert, die Reisenden unterwegs Schutz gewährt. Ähnlich der glückbringende Kranich aus Japan, der aus gleichem Grund mit einem Saugnapf an der Windschutzscheibe befestigt wird.
In der Himalaja-Region gibt es verschiedene Kästchen für heilige Dinge: ob als Dose in zwei Teilen oder als Amulettbehälter in Giebelform: "Große Exemplare stehen auf dem Hausaltar, kleine werden auf Reisen getragen", verraten die Ausstellungsmacher.
Derweil ist in den Anden der Glücksgott Ekeko unterwegs: schwer beladen mit Lebensmitteln und Geld - die dafür sorgen sollen, dass langgehegte Wünsche und Träume Realität werden. Die andinen Bewohner Boliviens und Peru schenken sich gegenseitig solche schnurrbärtigen Ekeko-Figuren, die den Gott des Wohlstands symbolisieren und durch rituelle Handlungen zur Wirkung gebracht werden sollen.
Das eigene Sein in die Obhut einer größeren Macht stellen oder das Schicksal positiv stimmen - weltweit gab und gibt es solches Bestreben. Bernhard Mayer kennt viele Geschichten und Interpretationen. Die Ausstellung inspiriert und präsentiert zahlreiche Beispiele. Auch Bräuche und Traditionen werden darin aufgegriffen. So ist das Freilassen kleiner Vogelarten etwa unter Buddhisten verbreitet - geht es doch im Leben nicht zuletzt immer wieder auch um das große Thema des Loslassens.
Über die Ausstellung:
Sonderausstellung "Gegen das Böse. Für das Gute" ist noch bis 18. Mai 2025 im Naturhistorischen Museum Nürnberg (Marientorgraben 8) zu sehen. Geöffnet: dienstags, mittwochs, donnerstags sowie sonn- und feiertags von 10 bis 17 Uhr, freitags von 10 bis 20 Uhr, samstags von 13 bis 17 Uhr. Führungen: 6. und 20. April sowie 4. und 18. Mai (jeweils 15 Uhr). Vortrag: "Zauber und Riten gegen Unglück und Übel" (9. April, 19.30 Uhr), Erzählabend: 22. März (17 Uhr).