Stuttgart (epd). Die knapp zwei Millionen Mitglieder der Evangelischen Landeskirche in Württemberg haben einen neuen Bischof: Ernst-Wilhelm Gohl ist am Sonntag in einem Festgottesdienst in der Stuttgarter Stiftskirche in sein Amt eingeführt worden. Rund 600 geladene Gäste - darunter Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) - waren dabei, als Gohl das Amtskreuz von seinem Vorgänger, Frank Otfried July, empfing. July geht nach 17 Bischofsjahren in den Ruhestand.
Ministerpräsident Kretschmann nannte das Bischofsamt angesichts der aktuellen großen Herausforderungen für die Kirchen „sehr anspruchsvoll“. Er wünsche dem neuen Landesbischof „viel Erfolg und den Segen Gottes für sein Tun“. Das Wirken Julys würdigte der Ministerpräsident mit dem Hinweis auf dessen Bemühen, zwischen den Flügeln in der Landeskirche Brücken zu bauen. Im Verhältnis zum Staat habe July „stets Kontakt gesucht, das offene Wort dabei nicht gescheut“.
In seiner ersten Predigt als Bischof warb Gohl, Zweifel in kirchlichen Debatten zuzulassen. „Eine Kirche, die dem Zweifel keinen Raum lässt, wird zur Sekte“, sagte er. „Bei manchen Diskussionen gerade bei ethischen oder moralischen Fragen wünschte ich mir mehr Zweifel - denn meist schafft eine einzige, alles andere ausschließende Lösung ja wieder neue Probleme“, betonte der Theologe, der zuletzt Dekan des evangelischen Kirchenbezirks Ulm gewesen war.
Als Beispiel nannte Gohl den Streit um die Waffenlieferungen in die Ukraine. Zwar sei er überzeugt, dass Frieden letztlich nicht mit Waffengewalt zu erreichen sei. Doch halte er es für ethisch und christlich geboten, einem Land zu helfen, das überfallen wird und dessen Dörfer und Städte in Schutt und Asche gelegt werden. Ein Frieden ohne Gerechtigkeit würde nur den „Sieg der Gewalt“ bedeuten, sagte der Bischof.
Aufgabe der Kirche sei es auch nach 2.000 Jahren, die Liebe Gottes zu bezeugen. Die Kirche verändere sich, sie werde aber nicht verschwinden. „Unser Auftrag ist einfach zu wichtig für diese Welt“, unterstrich Gohl.
Sabine Foth, Präsidentin des württembergischen „Kirchenparlaments“, der Landessynode, empfahl dem neuen Bischof Gottvertrauen für seine Amtsführung. So würden seine Vorhaben gelingen, sagte sie unter Berufung auf einen Bibelvers aus dem Buch der Sprüche.