Mainz (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich am Donnerstag in Mainz über die Gesundheitsversorgung von Obdachlosen und Menschen ohne Krankenversicherung informiert. In der vom Verein „Armut und Gesundheit in Deutschland“ ins Leben gerufenen medizinischen Ambulanz traf er mit Patienten und Helfern zusammen. Vereinsgründer Gerhard Trabert war im Februar bei der Wahl zum Bundespräsidenten als parteiloser Kandidat der Linken gegen Steinmeier angetreten.
Steinmeier hatte seinen Herausforderer nach seiner Wiederwahl bereits in seinem Berliner Amtssitz getroffen. Beim Gegenbesuch zeigte der Sozialmediziner dem Staatsoberhaupt nun unter anderem sein Arztmobil, mit dem er seit mehr als 25 Jahren Wohnungslose im Raum Mainz versorgt.
Der Bundespräsident beklagte, dass auch in einem so wohlhabenden Land wie Deutschland mit seinem guten Gesundheitssystem Menschen durch das Raster fielen: „Darüber dürfen wir nicht achselzuckend hinwegsehen“, mahnte Steinmeier.
Trabert sprach sich für eine grundlegende Reform des deutschen Gesundheitssystems mit einem Übergang zu einer Bürgerversicherung für alle aus. Er warnte davor, in der aktuellen politischen Debatte den Fokus allein auf die Verteidigung der Demokratie vor äußeren Herausforderungen zu setzen: „Die Demokratie wird destabilisiert, wenn wir nicht genügend für den sozialen Ausgleich tun.“ Die hohen Wahlergebnisse der französischen Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen vom rechten Rassemblement National oder die historisch schlechte Wahlbeteiligung bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen seien Belege für die Gefahr.
Der Verein „Armut und Gesundheit“ hatte 2015 auf dem Gelände der Mainzer Zitadelle ein medizinisches Zentrum für Personen ohne Krankenversicherungsschutz eröffnet. In der Einrichtung sind mittlerweile zahlreiche Allgemeinmediziner und Fachärzte ehrenamtlich tätig. Außerdem hilft eine finanziell vom Land Rheinland-Pfalz unterstützte Clearingstelle des Vereins Betroffenen, wieder einen Weg zurück in die reguläre Gesundheitsversorgung zu finden. Bei den Patienten der Ambulanz handelt es sich zum Teil um Osteuropäer ohne Versicherungskarte, aber auch um ehemals privat Versicherte mit hohen Beitragsschulden.