Stuttgart (epd). Die Folgen des Klimawandels können nach Überzeugung des Klimaforschers Hans Joachim Schellnhuber sehr viel dramatischer ausfallen als bislang angenommen. Im schlimmsten Fall könnten drei Milliarden Menschen ihren Wohnraum verlieren und deshalb in andere Regionen ziehen, sagte Schellnhuber am Donnerstag in Stuttgart beim Katholikentag. „Wir reden vom Umzug der Menschheit“, betonte der frühere Direktor des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung.
Es sei unvorstellbar, dass Inselregionen wie die Malediven den Anstieg des Meeresspiegels überleben werden, auch wenn dort noch ein Hotel nach dem anderen gebaut werde, sagte der Wissenschaftler. Das grönländische Eis habe 2019 eine Million Tonnen pro Minute verloren. Im schlimmsten Fall werde der Meeresspiegel bis zum Endes des Jahrhunderts um 20 Meter ansteigen.
Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) sagte, 80 Prozent der klimabedingten Vertreibung sei noch vermeidbar. Dazu brauche es aber eine „äußerst konsequente Klimapolitik“ mit weitreichenden Folgen auch für die Menschen in Deutschland. „Unser Lebensstil wird sich zwangsläufig ändern - es wird für alle unbequemer, aber erträglicher und sicherer“, sagte die Politikerin.
Oliver Müller, Leiter des katholischen Hilfswerks Caritas international, forderte einen Schutzstatus für Menschen, die vom Klimawandel betroffen sind. Inzwischen rechne man mit 25 Millionen Flüchtlingen pro Jahr alleine aufgrund von Extremwetterereignissen.
Der Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, nannte den christlichen Glauben die „beste Motivation“ für einen pfleglichen Umgang mit der Schöpfung. Die Industriestaaten müssten ihre Schuld am Klimawandel anerkennen. „Wir vertreiben durch unser Verhalten Menschen aus ihrer Heimat“, sagte Fürst. Der Bischof bedauerte aber, dass auch katholische Gemeinden zur Verfügung stehendes Geld für Klimaschutzmaßnahmen nicht abriefen. Hier müsse sich das Bewusstsein noch verändern.