Bremen (epd). Der Ärzteverband Marburger Bund fordert eine grundlegende Neuorientierung der Krankenhaus-Finanzierung. Das derzeitige Fallpauschalen-System habe komplett ausgedient, sagte die Verbandsvorsitzende Susanne Johna am Montag nach der zweitägigen Hauptversammlung der Ärztegewerkschaft in Bremen. Mengenanreize müssten beseitigt, die Vorhaltekosten der Krankenhäuser abgesichert werden, bekräftigte sie am Vortag des Deutschen Ärztetages, der sich ab Dienstag ebenfalls in der Hansestadt trifft.
Wenn es bei der Krankenhausplanung und der Finanzierung nicht bald sinnvolle Reformen gebe, dann drohten Krankenhausstandorte in die Insolvenz zu gehen, warnte Johna. Derzeit finde ein durch politische Entscheidungen forcierter Verdrängungswettbewerb statt, unter dem das Klinikpersonal und die Patienten gleichermaßen zu leiden hätten. „Wir brauchen eine Krankenhausversorgung, die stärker auf Kooperation, Vernetzung und Bedarfsgerechtigkeit ausgerichtet ist“, verdeutlichte Johna.
Allerdings dominierten mehr kommerzielle Steuerungs- und Regulierungsinstrumente die Versorgung und setzten falsche Anreize, führte die Verbandschefin aus. Der Marburger Bund fordere ein kombiniertes Vergütungssystem aus der Deckung krankenhausindividueller Personalausgaben und Vorhaltekosten sowie der Abrechnung landeseinheitlicher pauschalisierter Sach- und Betriebskosten. Johna kritisierte überdies, dass die Länder zu einem großen Teil ihren Verpflichtungen zur Übernahme der Investitionskosten nicht nachkommen. Sie zahlten weniger als die Hälfte dessen, was sie finanzieren müssten: „Das kann nicht funktionieren.“
Mit Blick auf die Pandemiebekämpfung warnte Johna am Vortag des Deutschen Ärztetages in Bremen davor, Corona zu unterschätzen. Es sei damit zu rechnen, dass sich im Herbst und Winter wieder deutlich mehr Menschen infizierten und erkrankten. „Wir haben immer noch keine Impfquote die ausreicht, um sich einigermaßen entspannt zurückzulehnen“, sagte sie.
Ein wichtiger Tagesordnungspunkt bei der Hauptversammlung war auch der Medizinermangel. Knapp 90.000 der 416.000 berufstätigen Ärztinnen und Ärzte stünden nach Zahlen der Bundesärztekammer kurz vor dem Ruhestand, sagte Johna. Gemessen daran seien rund 11.000 Medizinstudienplätze in Deutschland zu knapp bemessen, um für ausreichenden Ärztenachwuchs zu sorgen. Beim Ausbau sei bisher aber „extrem wenig passiert“. Die Zeit dränge.
„Ein angehender Mediziner braucht sechs Jahre bis zur Approbation“, sagte Johna. Danach folgten in der Regel weitere Jahre für die Weiterbildung zum Facharzt.