Diakonie-Chef: Würde bedeutet auch Autonomie am Lebensende

Diakonie-Chef: Würde bedeutet auch Autonomie am Lebensende
Der assistierte Suizid bleibt ein heikles Thema und ist auch in der Kirche umstritten. Der Chef der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe hält ihn in bestimmten Fällen für vertretbar. Kritik kommt von der Stiftung Patientenschutz.

Düsseldorf, Dortmund (epd). In der Debatte über assistierten Suizid auch in christlichen Alten- und Pflegeeinrichtungen hat der Theologische Vorstand des Diakonischen Werks Rheinland-Westfalen-Lippe, Christian Heine-Göttelmann, die Selbstbestimmung unheilbar Kranker betont. Aus christlicher Sicht besitze jeder Mensch Würde, sagte er der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Online). Er halte den assistierten Suizid zwar nicht in allen sozialen Zusammenhängen für vertretbar. „Aber im Falle eines unheilbaren Leidens, das unabwendbar zum Tod führt, beweist sich Würde für mich darin, einem Menschen die Autonomie über sein Leben zu erhalten.“

Die Würde müsse sich in der Begegnung von Menschen erweisen, sagte Heine-Göttelmann. „Darum zeigt sich Würde für mich auch in dem Zugeständnis an Menschen, über sich und ihr Leben zu entscheiden.“ Höchste Priorität habe gerade deshalb der Ausbau der palliativen Versorgung. Der Theologe nannte es wichtig, dass über die Abwägung zwischen Lebensschutz und Autonomie offen diskutiert wird. Die Diakonie habe die Debatte mit angeregt. In der evangelischen Kirche gibt es zu dem Thema unterschiedliche Meinungen.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warf Kirchenvertretern, die den assistierten Suizid auch in christlichen Einrichtungen ermöglichen wollen, „romantische Vorstellungen“ vor. Dies sei ein Konzept, „nur einer bestimmten Gruppe ein Tötungsangebot zu machen“, sagte Vorstand Eugen Brysch am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Bundesverfassungsgericht stelle eindeutig klar, dass Hilfe zur Selbsttötung nicht auf das Lebensende oder Leidenskriterien begrenzt sein dürfe. Daher werde es „auch Menschen mitten im Leben geben, die in freier Selbstbestimmung in einer christlichen Einrichtung die Suizidhilfe fordern werden“.

Die Beihilfe zum Suizid muss neu geregelt werden, weil das Bundesverfassungsgericht das Verbot organisierter, sogenannter geschäftsmäßiger Hilfe beim Suizid kassiert hatte. Es geht dabei um die Überlassung tödlich wirkender Medikamente als besondere Form der Sterbehilfe.

Im Bundestag liegen dazu aktuell zwei Gesetzesvorschläge vor. Eine Gruppe von Abgeordneten will Ärzten erlauben, die todbringenden Substanzen zu verschreiben, wenn eine Beratung in staatlich finanzierten Beratungsstellen vorausgegangen ist, die sicherstellt, dass der Sterbewunsch wirklich der freie Wille des Betroffenen ist. Eine andere Gruppe will erneut den Versuch unternehmen, bestimmte Formen der Suizidassistenz zu verbieten und die Hilfe zur Selbsttötung nur in engen Grenzen zu erlauben.