Mainz (epd). Der katholische Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat sich betroffen über das Versagen leitender Bischöfe im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt geäußert. Persönlichkeiten wie die Kölner Kardinäle Joseph Höffner (1906-1987) und Joachim Meisner (1933-2017) sowie Papst Benedikt XVI. auf dem Weltjugendtag in Köln 2005 hätten für viele Jahre sein Kirchenbild geprägt, teilte Kohlgraf in einer persönlich gehaltenen Erklärung am Montag in Mainz mit. „Sie können nicht mehr meine Vorbilder sein.“ Die Vorwürfe stellten aber auch ihn selbst infrage.
„Es erschüttert durchaus meinen Glauben, wenn auch ich heute wegen des augenscheinlichen Versagens kirchlicher Amtsträger kritisiert werde“, schreibt Kohlgraf. „Aus dem Stolz, für Jesus Christus unterwegs zu sein, ist bei mir immer wieder auch Scham geworden und der Wunsch, die Erde möge sich unter mir auftun.“ Doch für „diese oft versagende Kirche“ müsse er als Bischof stehen und werde das „wohl noch viele Jahre“ tun. Die Kirche sei aber mehr als der Bischof. Die Missbrauchsskandale belasteten auch die Mitarbeitenden und Gläubigen. „Ich will nicht verhehlen, dass ich mir auch Sorgen mache um die vielen Menschen, die jetzt wegen des Versagens in Mithaftung genommen werden und müde sind“, schreibt Kohlgraf.
Die Berichterstattung über Studien zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche sei auf die Täter fixiert, was in anderen Zusammenhängen kritisiert werde, merkte Kohlgraf an. Das Leid einzelner Betroffener werde dagegen weniger gesehen. Die komplexe Aufarbeitung des Missbrauchs, die auch die individuelle Lebenssituation der Betroffenen in den Blick nehme, sei unter anderem die Aufgabe der unabhängigen Aufarbeitungskommission im Bistum Mainz. Diese schließe auch ein verlässliches und transparentes Einschreiten im Fall einer Beschuldigung ein, die Umsetzung von Vorbeugungsmaßnahmen sowie die Entwicklung einer Erinnerungs- und Mahnkultur.