Berlin (epd). Der deutsche Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth dämpft die Erwartungen an die bevorstehende Weltklimakonferenz. Abgesehen von dem Treffen 2015 in Paris seien diese Konferenzen „nie der riesengroße Durchbruch“ gewesen, sagte Flasbarth am Freitag im „Morgenmagazin“ der ARD. „Das wird in Glasgow auch nicht anders sein“, fügte der deutsche Verhandler hinzu, der aber zugleich auf die Zusagen einzelner Staaten verwies, bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral zu sein.
Der zweiwöchige UN-Gipfel, der coronabedingt um ein Jahr verschoben wurde, startet am Sonntag. Tausende Delegierte aus mehr als 190 Ländern werden im schottischen Glasgow über die weitere Umsetzung des Pariser Klimaabkommens beraten, das die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad begrenzen soll. Für Montag haben sich zahlreiche Staats- und Regierungschef angekündigt, darunter US-Präsident Joe Biden und die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Während des Gipfels sind mehrere Demonstrationen von Klimaaktivsten geplant.
Im Mittelpunkt der Konferenz stehen unter anderem die freiwilligen CO2-Reduktionsziele der Staaten für 2030. Die Staaten waren im Vorlauf des Glasgower Treffens aufgerufen, ihre mittelfristigen Klimaschutz-Pläne zu aktualisieren. Die Zusagen reichen allerdings bislang bei weitem nicht aus, um die 1,5-Grad-Grenze zu halten. Nach UN-Angaben steuert die Welt derzeit auf 2,7 Grad zu. Eine Reihe von Ländern, darunter China, haben bislang kein aktualisiertes Ziel für 2030 vorgelegt, könnten das aber während des Gipfels oder beim G20-Gipfel am Wochenende in Rom nachholen.
Flasbarth hob allerdings hervor, dass Länder wie die USA, Australien und Russland angekündigt hätten, bis 2050 klimaneutral zu werden. Das sei innerhalb von drei Jahrzehnten „schon ein großer Schritt nach vorne“, sagte Flasbarth, der zugleich betonte: „Wir müssen sehr viel besser werden.“ Auch die EU will bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral sein. China, der größte Treibhausgasproduzent weltweit, strebt dies für 2060 an.
Auf der Gipfel-Agenda stehen zudem Verhandlungen über Transparenzregeln und Berichtspflichten für die Klimaschutz-Anstrengungen der Staaten. Besonderes Augenmerk liegt auf den Regeln für den Handel mit CO2-Emissionsrechten - dieser Punkt war beim letzten Gipfel 2019 in Madrid besonders umstritten.
Für Streit könnten wieder die Klima-Hilfen für arme Staaten sorgen. Die Industrieländer haben ihr Versprechen, ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar an öffentlichen und privaten Mitteln zur Verfügung zu stellen, bislang nicht erfüllt. Ein vor kurzem im Auftrag der britischen Konferenzpräsidentschaft erarbeiteter Plan sieht vor, dieses Ziel nun spätestens 2023 zu erreichen.
Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, appellierte an die reichen Länder, die Finanzierungslücke beim Klimaschutz und der Anpassung an die Folgen der Erderwärmung zu schließen. „Wir Menschen haben den Auftrag, den Planeten Erde als gemeinsames Haus für alle Geschöpfe zu bewahren“, sagte Bätzing.
Die Kinderrechtsorganisationen terre des hommes rief die Staatengemeinschaft auf, Kindern und künftigen Generationen eine intakte Umwelt zu hinterlassen. „Kinder sind von den Folgen der Klimakrise besonders betroffen, obwohl sie nicht dafür verantwortlich sind“, sagte Vorstandssprecherin Birte Kötter in Hannover. Laut dem aktuellen Klima-Risiko-Index von Unicef sind bereits heute eine Milliarde Kinder aufgrund der Auswirkungen des weltweiten Klimawandels extrem stark gefährdet.