Gericht: Schulisches Sorgerecht kann wegen Glauben entzogen werden

Sorgerecht
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Eltern kann unter bestimmten Voraussetzungen das Sorgerecht für ihre Kinder teilweise für den Bereich schulischer Angelegenheiten entzogen werden.
Gericht: Schulisches Sorgerecht kann wegen Glauben entzogen werden
Eltern kann unter bestimmten Voraussetzungen das Sorgerecht für ihre Kinder teilweise für den Bereich schulischer Angelegenheiten entzogen werden. Das entschied das Oberlandesgericht im niedersächsischen Celle.

Das gilt nach der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Celle, wenn sie sich der Beschulung ihrer Kinder auf einer staatlich anerkannten Schule beharrlich verweigern und für ihre Kinder deshalb die Gefahr besteht, weder das erforderliche Wissen noch erforderliche Sozialkompetenzen erlernen zu können. Das habe der für Familiensachen zuständige Zivilsenat des Oberlandesgerichtes mit Beschluss vom 2. Juni bestätigt, teilte das Gericht am Freitag mit. (Az.: 21 UF 205/20)

Im konkreten Fall geht es um die Eltern von sieben Kindern, die einer freikirchlichen Gemeinde in Rotenburg bei Bremen angehören. Sie sähen sich aufgrund ihres Glaubens verpflichtet, ihre Kinder von Einflüssen fernzuhalten, die den Geboten Gottes zuwiderliefen, hieß es. Die Mutter der Kinder beschule deshalb ihre beiden ältesten acht und sieben Jahre alten Kinder nach dem Konzept einer „Freien Christlichen Schule“ zu Hause. Die Landesschulbehörde habe 2019 einen Antrag auf Befreiung der Kinder von der Schulpflicht abgelehnt. Eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung stehe insoweit noch aus.

Der Vater der Kinder wurde nach Angaben des Oberlandesgerichtes mittlerweile in insgesamt 15 Verfahren wegen Verstößen gegen die Schulpflicht zu Bußgeldern verurteilt. Das Amtsgericht in Rotenburg/Wümme habe keine familiengerichtlichen Maßnahmen ergriffen, weil nach seiner Einschätzung bei den Kindern aktuell noch keine Defizite beim Wissensstand oder den Sozialkompetenzen zu erkennen gewesen seien. Diese Entscheidung habe der Familiensenat des Oberlandesgerichts auf die Beschwerde des Jugendamtes hin abgeändert.

Das Jugendamt kann nun anstelle der Eltern die maßgeblichen Entscheidungen mit Blick auf den Schulbesuch treffen und notfalls auch die Herausgabe der Kinder für den Schulbesuch erzwingen. Der Familiensenat habe eine akute Gefährdung des Wohls der beiden ältesten Kinder gesehen. Zum einen gelinge es den Eltern nicht, die Kinder mit ausreichendem Wissen auszustatten und sie damit auf spätere schulische Prüfungen sowie auf eine Berufsausbildung vorzubereiten. Zum anderen könnten die Kinder so auch keine sozialen Kompetenzen erwerben, die es ihnen ermöglichten, sich mit andersgläubigen Menschen auseinanderzusetzen.