Mini-Roboter unterstützt kranke Schüler

Matthias Aubel und Silke Schaub vom Medienzentrum in Wetzlar zeigen den Miniroboter
epd-bild/Stefanie Walter
Matthias Aubel und Silke Schaub vom Medienzentrum in Wetzlar zeigen den Miniroboter.
Per Avatar ins Klassenzimmer
Mini-Roboter unterstützt kranke Schüler
Der Lahn-Dill-Kreis hat vier Roboter angeschafft, mit denen kranke Schüler weiterhin am Unterricht teilnehmen können. Allerdings geht es um mehr als den Schulstoff.

Der Mini-Roboter sieht niedlich aus mit seinem dicken Kopf. Die Augen können glücklich, fragend oder traurig gucken. Der kleine Avatar erfüllt eine große Aufgabe: Er unterstützt kranke Schülerinnen und Schüler, damit sie weiterhin am Unterricht teilnehmen können.

Im Medienzentrum des Lahn-Dill-Kreises in Wetzlar stellt Silke Schaub den Roboter auf den Tisch und nimmt einen Tabletcomputer in die Hand. Der Avatar, so erklärt es die Pädagogische Leiterin, steht im Klassenraum. Der kranke Schüler steuert ihn von zu Hause aus über das Tablet. Er kann den Roboter in alle Richtungen drehen, per Livestream sieht er die Mitschüler, hört sie sprechen und kann sich selbst beteiligen.

Medienpädagoge Matthias Aubel legt einen Stapel bunter Halstücher und Aufkleber neben den etwa 30 Zentimeter großen Avatar. Die Kinder können ihn mit Tier-Stickern und Leuchtsternen bekleben, ihm einen Namen geben, vielleicht eine Eintracht-Frankfurt-Kappe aufsetzen.

Aubel wischt über das Tablet: Der Roboterkopf dreht sich. Er tippt auf ein Handsymbol: Der Kopf leuchtet grün. "Der Lehrer weiß, jetzt möchte der Schüler etwas sagen." Ein blaues Mondsymbol zeigt an: Der kranke Schüler will sich im Moment nicht beteiligen. Datenschutz sei gewährleistet, betonen Schaub und Aubel. Der Stream kann nicht gespeichert werden, Screenshots sind nicht möglich.

Vier Avatare hat der Lahn-Dill-Kreis vor Kurzem angeschafft. Schneller als erwartet seien sie bereits an zwei Schulen im Einsatz, berichtet Schaub. Ein Ziel sei, dass langzeiterkrankte Kinder und Jugendliche nicht so viel vom Unterricht verpassen. "Sie sollen aber auch emotional und sozial nicht abgehängt werden." Der Avatar steht am Platz des kranken Schülers. "Den anderen Kindern wird bewusst, dass jemand fehlt."

Der Mini-Roboter ist so ein kleines Gerät, das in einen Rucksack passt.

Angestoßen hat das Projekt der Leiter der Förderschule an der Brühlsbacher Warte in Wetzlar, Kristian Snoeijer. "Im Idealfall ist es so, dass die Schüler ein paar Monate lang über den Avatar am Unterricht teilnehmen und dann wieder in Präsenz", erläutert er. Der Roboter sei ein "flankierender Baustein, damit der Kontakt zur Schule nicht gekappt wird".

Der Lahn-Dill-Kreis hat Modelle AV1 der norwegischen Firma "No Isolation" gekauft. Deutschlandweit seien 1.400 Avatare im Einsatz, berichtet die Marketingmanagerin Carina Schmitz vom Münchner Büro des Unternehmens. Schmitz bezeichnet sie als "Re-Integrationstools": Sie helfen Kindern und Jugendlichen mit Krebserkrankungen, Long Covid oder psychischen Krankheiten, nach schweren Operationen, teilweise bei Behinderungen. "Wir hatten auch schon Fälle, dass Kinder im Hospiz waren."

Eine schwer kranke Schülerin habe sich mithilfe des AV1 aufs Abitur vorbereitet. Aktuell werde er in einem Kindergarten ausprobiert und war bereits Teil eines Schulverweigerer-Projektes. Schmitz erzählt, dass die Aufregung immer riesengroß ist, wenn der Avatar in die Klasse kommt. "Aber nach kurzer Zeit ist da wieder die Lisa oder der Paul."

5.000 Euro zahlte der Kreis pro Avatar, das Land unterstützte die Finanzierung. Besonders gefalle ihr, dass die Mitschüler den Mini-Roboter in einen Rucksack stecken und mit auf den Pausenhof nehmen können, sagt Schaub. "Vielleicht kann er sogar mit auf die Klassenfahrt."