Experte: Online-Nutzer sollten Hass im Internet melden

Experte: Online-Nutzer sollten Hass im Internet melden
31.05.2021
epd
epd-Gespräch: Franziska Hein

Berlin (epd). Der Berliner Antisemitismus-Experte Steffen Jost fordert mehr Zivilcourage im Internet. „Wir brauchen mehr Gegenrede im Netz zu antisemitischen, rassistischen und sexistischen Kommentaren“, sagte der Programmdirektor der Berliner Alfred Landecker Foundation dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Stiftung fördert unter anderem Projekte, die Antisemitismus im Internet bekämpfen. Gerade bei den Menschen, die ideologisch noch nicht vollständig von Verschwörungsmythen überzeugt seien, müsse man ansetzen.

Internetnutzer müssten Hass gegen Minderheiten im Netz mehr melden. Dafür gebe es eigens Meldeportale wie etwa die Internetseite hassmelden.de, die mit der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main zusammenarbeitet und vom Bundesjustizministerium unterstützt wird, oder die von der gemeinnützigen Organisation „HateAid“ initiierte Smartphone-App „Meldehelden“. Jeder könne, verschwörungsideologische oder antisemitische Hetze dokumentieren, melden und entfernen lassen. Nur wegschauen dürfe man nicht, sagte Jost.

Jeder, der eine Facebook-Gruppe gründe, bis hin zum Fußballverein mit Internetauftritt sei auch dafür verantwortlich, Hass und Hetze im Netz zu bekämpfen. Es dürfe nicht sein, dass Jüdinnen und Juden im Internet angefeindet würden und sich in der Folge dort nicht mehr öffentlich positionierten. „Ob jemand auf dem Weg zur Synagoge keine Kippa trägt aus Angst vor Angriffen oder sein Jüdisch-Sein im Internet aus Angst nicht thematisiert, ist letztlich dasselbe“, sagte Jost. „Allein die Sichtbarkeit jüdischen Lebens ist ein Trigger für Antisemitismus - online wie offline.“ Da dürfe die Internet-Community Jüdinnen und Juden sowie andere Minderheiten nicht allein lassen.

Doch melden alleine reiche nicht aus. Die großen digitalen Plattformen müssten selbst stärker in die Pflicht genommen werden, sagte Jost. Gemeinsam mit „HateAid“ habe die Stiftung das Landecker Digital Justice Movement ins Leben gerufen. Die Initiative ermögliche es „HateAid“, Grundsatzprozesse im Namen von Opfern digitaler Gewalt bis in die letzte Instanz zu finanzieren und so Grundsatzurteile zu erstreiten. „Online-Räume sollen sicher werden - auch und gerade für Minderheiten“, sagte Jost.