So monierten die Kritiker unter anderem, mit der neuen Verfassung bekomme die Kirche eine hierarchische Struktur. Andere fürchteten um die in Bremen traditionell starke Autonomie der Gemeinden. Sie warnten vor einer Verschiebung der Macht weg von der Basis hin zu zentralen Stellen.
Besonderes Element der bestehenden Kirchenverfassung ist eine Glaubens-, Lehr und Gewissensfreiheit, die den Gemeinden besondere Autonomie zugesteht und die nach Darstellung der Kirchenleitung fortbestehen soll. Im Fokus der Debatte standen auch Bezeichnungen für leitende Kirchenbeschäftigte. So trägt der theologische Repräsentant der Kirche, Pastor Bernd Kuschnerus, den Titel „Schriftführer“, der möglicherweise durch „Kirchenpräsident“ ersetzt werden soll.
Die Kirche müsse aufpassen, dass sie sich in der Öffentlichkeit durch unverständliche Titel nicht selbst marginalisiere, warnte der kirchliche Vizepräsident Martin Franzius am Beispiel des „Schriftführers“. Der Begriff erinnere ähnlich wie die des „Schatzmeisters“ für den kirchlichen Finanzexperten eher an einen Verein als eine Landeskirche. Ein Meinungsbild im Parlament ergab, dass eine überwiegende Mehrheit der Synodalen der Auffassung ist, dass der Titel „Schriftführer“ nicht mehr zeitgemäß ist.
Leitungsstruktur und Gemeindeautonomie
Erstmals werden in der Verfassung, für die mittlerweile der dritte Entwurf vorliegt, auch gesamtkirchliche Einrichtungen genannt. Bisher bilden die Paragrafen der Verfassung Institutionen wie Bildungswerk, Kindertageseinrichtungen und Landesjugendpfarramt sowie Verwaltung nicht ab. Pastor Klaus Kramer aus der Martin-Luther-Gemeinde in Bremen-Findorff gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, kirchliches Leben bilde sich längst nicht mehr nur in den Gemeinden ab.
In der Debatte um den Verfassungsentwurf ging es neben der Leitungsstruktur und der Gemeindeautonomie auch um den Schutz von Minderheiten, den rechtlichen Rahmen für Gemeindeordnungen und die Beteiligung junger Menschen. Eine erste Abstimmung über eine neue Verfassung ist in einem Jahr geplant. Für die Beschlussfassung ist dann eine Dreiviertel-Mehrheit der anwesenden Delegierten erforderlich. Zur Synode der Bremischen Evangelischen Kirche gehören mehr als 150 Delegierte.
Die aktuell gültige Verfassung stammt aus dem Jahr 1920 und ist sehr kurz gefasst. Eine Präambel und 17 Paragraphen waren damals eine Art kleinster gemeinsamer Nenner, auf den sich die Gemeinschaft selbstständiger bremischer Gemeinden einigen konnte.
„Was das Wesen einer Gemeinde oder der Gesamtkirche ausmacht, nach welchen Prinzipien Leitung oder Aufgabenteilung erfolgen sollen, wie Kooperation gelingen kann - das alles wurde in der Verfassung von 1920 nicht behandelt und soll nun beschrieben werden“, erläuterte Kirchensprecherin Sabine Hatscher. Zur Bremischen Evangelischen Kirche gehören aktuell 61 Gemeinden mit rund 175.000 Mitgliedern.