Dass Deen und Ricarda trotzdem die gleiche private Eliteschule besuchen, hat der junge Mann einem Stipendium von Ricardas Mutter zu verdanken. Zum Drama wurde die Romanze, weil Deen seiner Freundin angeblich eine wertvolle Kette geklaut hat. Ein Lehrer ist ihm auf die Schliche gekommen, und nun wird das Drama zum Krimi: Während die Rektorin zukünftige Schülerinnen und Schüler begrüßt, wird der Lehrer vorsätzlich überfahren. Das Tatfahrzeug gehört Ricarda; es sieht nicht gut aus für Deen.
Anders als zuletzt "Antoniusfeuer" ist der vierte Fall für den Bamberger Kommissar Behringer (Antoine Monot) ein vergleichsweise handelsüblicher Krimi. Die Geschichte – Produzentin Berit Walch hat bislang alle Drehbücher für die Reihe geschrieben – ist thematisch längst nicht mehr so vielschichtig. "Romeo" ist auch wieder deutlich komischer, wie nicht zuletzt die launige Musik signalisiert: Weil die Schule eine neue Lehrkraft für Deutsch und Englisch braucht, lässt Behringer seine junge Partnerin Ela Jenning "undercover" ermitteln. Das kann selbstverständlich nicht gut gehen: Ela stammt aus dem gleichen verrufenen Viertel wie Deen (Ilyes Raoul) und macht ihrer Klasse gleich mal klar, wer hier der Babo ist. Aktuelles Thema des Englischunterrichts ist natürlich "Romeo und Julia". In der RTL-Serie "Der Lehrer" war Cosima Henman noch die Schülerin mit der großen Klappe; der witzige Rollentausch hat ihr garantiert großen Spaß gemacht.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Zumindest mimisch ist auch der Kollege vom LKA eine komische Rolle, weil Max von Thun den Kollegen demonstrativ als verkniffenen Schnösel verkörpert: Oliver Schöpfner übernimmt die Leitung des Falls. Er ermittelt seit zwei Jahren wegen Betrugs gegen Ricardas Mutter: Bauunternehmerin Robin van Dieken (Adina Vetter) kauft alte Häuser und streicht die Fördergelder für die Instandsetzung ein, ohne die angekündigten Renovierungen umzusetzen. Natürlich will Schöpfner verhindern, dass Behringer ihm in die Quere kommt. Der wiederum wird umgehend bei der Unternehmerin vorstellig: Der ermordete Lehrer hat für Schöpfner Informationen über die Geschäftsfrau gesammelt; somit gehört auch sie zum Kreis der Verdächtigen, ebenso wie ihr Lebensgefährte (Philipp Danne). Gern würde Behringer auch die hochnäsige Rektorin (Valerie Neuenfels) zum Kreis der Verdächtigen zählen, aber sein Neffe gibt der Frau ein hieb- und stichfestes Alibi.
Die Antipathie zwischen den beiden Kommissaren gipfelt in einer lautstarken Auseinandersetzung, die schon deshalb aus dem Rahmen fällt, weil Monot seinen Kommissar ansonsten als gemütlichen Tanzbären verkörpert; zwar "nah an genial", wie Ela im Film zuvor anerkennend festgestellt hat, aber vor allem tiefenentspannt. Auch sonst hat "Romeo" nicht ganz die Klasse von "Antoniusfeuer", zumal einige Rollen allzu klischeehaft ausfallen. Dass sich eine Schülerin (Alix Heyblom) in ihren Lehrer verliebt, kommt vor; dass sie ihm Mails mit Shakespeare-Zitaten schickt, ist ebenfalls nicht unrealistisch. Objekt ihrer Begierde war das Mordopfer, das im Prolog allerdings einen ziemlich unsympathischen Eindruck macht. Wenig glaubwürdig ist auch das Mobbing gegen Deen: Der junge Mann mit der Football-Figur macht nicht den Eindruck, als würde er sich solche Schmähungen gefallen lassen.
Zum Schluss verblüfft Walch mit einer Auflösung, die jedoch derart überraschend kommt, dass sie prompt wie aus dem Hut gezaubert wirkt. Zuvor gibt es außerdem wie schon gegen Ende von "Antoniusfeuer" eine Szene aus der Kategorie "Das müsst ihr jetzt einfach glauben". "Dass "Romeo" trotzdem sehenswert ist, liegt vor allem an der unschlagbaren Kombination Monot/Henman. Die jungen Mitwirkenden – zu erwähnen wäre noch Lina Hüesker als Ricarda – machen ihre Sache ebenfalls sehr gut. Regie führte wie beim letzten Film Alexander Costea. Interessantestes Inszenierungselement ist ein Schlüsselmoment mit Deen und Ricarda, als die beiden in der Klasse eine Szene aus "Romeo und Julia" spielen und nicht nur von Ela, sondern auch von der Kamera umkreist werden. Später parodieren Welch und Costea die berühmte Balkonszene, als Elas liebeskranker Kollege Oscar (Oskar Keymer) ihr auf der Straße vor ihrer Wohnung sein Herz ausschüttet, nicht ahnend, dass seine Angebetete in höchster Gefahr schwebt.