Vier leere Rollstühle vor dem Altar bei Gedenken in Potsdam

Vier leere Rollstühle vor dem Altar
©Soeren Stache/dpa
Symbolisch für die vier Todesopfer der Gewalttat im Oberlinhaus standen bei dem Gedenkgottesdienst in der Nikolaikirche Potsdam vier leere weiße Rollstühle vor dem Altar.
Vier leere Rollstühle vor dem Altar bei Gedenken in Potsdam
Gottesdienst für Gewaltopfer in Potsdamer Behindertenwohnheim
Fassungslosigkeit auch eine Woche nach der Tat: Potsdam hat sich am Donnerstag von den im Oberlinhaus gewaltsam zu Tode gekommenen Menschen verabschiedet. Vertreter von Stadt, Land und Bund erinnerten mit bewegenden Worten an die vier Opfer.

Mit einer bewegenden Feier hat die Stadt Potsdam am Donnerstagabend der vor einer Woche in einem Behindertenwohnheim getöteten Menschen gedacht. Symbolisch für die vier Todesopfer der Gewalttat standen bei dem Gedenkgottesdienst in der Nikolaikirche vier leere weiße Rollstühle vor dem Altar. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nannte das Geschehen vom 28. April im diakonischen Oberlinhaus im Stadtteil Babelsberg unbegreiflich. Nach dem live im Internet übertragenen Gedenkgottesdienst läuteten die Glocken aller Potsdamer Kirchen und Potsdamer:innen gedachten in einer Schweigeminute der Opfer.

Zu der einstündigen Trauerveranstaltung in der Potsdamer Nikolaikirche hatten das Oberlinhaus und die Stadtverwaltung gemeinsam eingeladen. Die Bereichsleiterin Wohnen in den Oberlin-Lebenswelten, Tina Mäueler, sagte vor den wegen der Coronavirus-Pandemie wenigen Anwesenden mit tränenerstickter Stimme, nach der Gewalttat sei alles plötzlich anders. Es gebe nur Opfer des schrecklichen Geschehens vor einer Woche.

Am 28. April waren im Thusnelda-von-Saldern-Haus, einer Behinderteneinrichtung des Oberlinhauses mit rund 60 Bewohner:innen, vier Menschen mit schweren Mehrfachbehinderungen gewaltsam zu Tode gekommen, eine weitere Bewohnerin wurde schwer verletzt. Sie konnte inzwischen das Krankenhaus wieder verlassen. Eine 51 Jahre alte Angestellte wurde unter dringendem Tatverdacht festgenommen. Das Amtsgericht Potsdam hat sie in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Ermittelt wird wegen des Verdachts auf Totschlag. Die Todesopfer waren zwei 31 und 42 Jahre alte Frauen und zwei 35 und 56 Jahre alte Männer.

Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) sprach von einer „Mordtat, für die es in der jüngeren Stadtgeschichte nichts Vergleichbares“ gebe. Zugleich habe sie bei vielen Menschen auch ganz grundsätzliche Fragen nach Betreuung und Pflege und dem Umgang der Gesellschaft mit Menschen mit Behinderung ausgelöst.

Der Bundesbehindertenbeauftragte Jürgen Dusel zeigte sich „angesichts der Gewalt und der Sinnlosigkeit dieser schrecklichen Tat immer noch fassungslos, tieftraurig und bestürzt“. Zugleich dankte er für die große Anteilnahme für die Opfer im Stadtteil Babelsberg und darüber hinaus.

Ministerpräsident Woidke sprach vor der Trauergemeinde, darunter Angehörige der Opfer und Beschäftigte des Oberlinhauses, von Ratlosigkeit angesichts der Tat. Es erschüttere zutiefst, dass die Schwächsten zu Opfern geworden seien und ein Ort des Schutzes und eine Heimat „zum Ort dieses Grauens“ wurden. Es werde Zeit brauchen, das Geschehene erfassen und einordnen zu können und die Wunden bei allen Betroffenen wieder zu schließen.

Stadt und Oberlinhaus hatten am Donnerstag für Beileidsbekundungen auch ein digitales Kondolenzbuch zur Verfügung gestellt. Auf der Webseite www.wir-kondolieren.de können Anteilnahme und Beileidsbekundungen zum Ausdruck gebracht werden.