Schon in der Schule bekam die Augsburger Jazzsängerin Sylvia Beyerle, die sich "Mom Bee" nennt, zu hören, dass sie sicher gut singen und tanzen könne. Das tolle Rhythmusgefühl sei ihr zugeschrieben worden, niemand habe dabei beachtet, dass sie auch in Deutsch eine Eins hatte. "Auch wenn dahinter keine böse Absicht steckt, tut positiver Rassismus auch weh. Das ist auch eine Ausgrenzung", sagt die 47-Jährige. Damit einhergehe die Botschaft: "Du bist anders." Als Tochter einer weißen Mutter und eines schwarzen Vaters habe sie in ihrer Heimat auf der schwäbischen Alb immer den Stempel der "Exotin" gehabt.
Beyerle engagiert sich für das vor einem Jahr initiierte Projekt "Engagiert gegen Rassismus" der Stiftung gegen Rassismus in Darmstadt. Es soll Vertreter aus bestimmten Berufsgruppen dafür gewinnen, vor allem während der Internationalen Wochen gegen Rassismus, die am Montag begannen und noch bis zum 28. März dauern, ein Zeichen für eine menschenfreundliche Gesellschaft zu setzen.
Grußwort des Bundespräsidenten
Die Stiftung gegen Rassismus in Darmstadt plant und koordiniert die Anti-Rassismus-Wochen vom 15. bis 28. März in Deutschland. Es beteiligen sich auch mehr als 1700 Moscheegemeinden und einzelne jüdische sowie christliche Gemeinden. Erstmals wirken die Aleviten mit. Die Wochen stehen unter dem Motto "Solidarität. Grenzenlos".
Rassismus gefährde auch in Deutschland "das freiheitliche Miteinander, die friedliche Vielfalt von Kulturen, Religionen und Überzeugungen, unsere Demokratie", schreibt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in einem Grußwort. Er dankte den Veranstaltern, dass sie auch in der Pandemie "mit Fantasie und Ausdauer" neue digitale Formate entwickelt und so einen Teil ihrer wichtigen Arbeit fortgesetzt hätten. Ihr Einsatz sei "leider bitter nötig, denn der Hass pausiert nicht im Lockdown, wie unzählige Kommentare in Online-Foren zeigen". Es brauche Gegenrede, Gegenwehr mit den Mitteln des Rechtsstaats und eine entschlossene Zivilgesellschaft. Resignation dürfe genauso wenig Raum greifen wie der Hass selbst, deshalb seien die Internationalen Wochen gegen Rassismus so wertvoll. "Sie erinnern uns einmal im Jahr daran, worum wir täglich aufs Neue ringen müssen."
Das Problem benennen
Die Wochen werden seit 1995 in Deutschland begangen, seit 2014 werden die Veranstaltungen von der Stiftung gegen Rassismus in Darmstadt geplant und koordiniert. Dass der Bundespräsident nun erstmals ein Grußwort zu den UN-Wochen übermittelt habe, sei ein Höhe- und Wendepunkt in der bisherigen Arbeit, sagte der Geschäftsführer der Stiftung, Jürgen Micksch. Denn erst dadurch, dass man Rassismus als Problem identifiziere, könnten Schritte zu dessen Überwindung gegangen werden. Ein wichtiger Meilenstein in diesem langen Prozess sei Anfang 2020 die Einrichtung des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus unter der Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gewesen.
Micksch kündigte an, dass sich während der zwei Aktionswochen zahlreiche Vertreter aus Berufsgruppen wie Medien, Kultur, Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften und Polizei für eine menschenfreundliche Gesellschaft engagierten und Gesicht zeigten. Schwierig sei es allerdings, Angehörige der Bundeswehr und christliche Gemeinden für die Mitarbeit zu begeistern. Probleme in Kirchengemeinden gebe es häufig bei Einladungen von Muslimen und Juden in den Gottesdienst.
Nach den Angaben von Micksch sind in diesem Jahr mehr als 1200 Veranstaltungen und Aktionen geplant, davon zwei Drittel digital. Die meisten Veranstaltungen fänden in Dresden, Berlin sowie in größeren Städten in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern statt.