Berlin (epd). Der frühere Unionsfraktionsvorsitzende im Bundestag, Volker Kauder (CDU), hält eine gesetzliche Regelung zum Verbot der Suizidassistenz kaum mehr für möglich. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor rund einem Jahr habe eine neue Wirklichkeit geschaffen, sagte Kauder der Zeitschrift "Herder Korrespondenz" (März). "Ich sehe für eine die Sterbehilfe einschränkende Gesetzgebung im Bundestag keine Grundlage", sagte er und ergänzte, er fordere deshalb einen weiteren Ausbau der Palliativmedizin, "um Menschen Angst vor dem Sterben zu nehmen".
Das Bundesverfassungsgericht hatte mit seinem Urteil das 2015 verabschiedete Verbot der organisierten - sogenannten geschäftsmäßigen - Hilfe bei der Selbsttötung gekippt. Die Richter urteilten, dass das Recht auf Selbstbestimmung auch das Recht umfasst, sich das Leben zu nehmen und dabei die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Suizidassistenz leistet, wer einem Sterbewilligen ein todbringendes Medikament überlässt, aber nicht verabreicht.
Kauder sagte, er halte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für falsch. Seit dem Urteil gibt es eine neue Debatte darum, wie diese Form der Sterbehilfe reguliert werden kann, unter anderem um sicherzustellen, dass sich Menschen nicht durch Druck anderer das Leben nehmen. Zwei Entwürfe liegen bislang vor, die Ärzten die Verschreibung dieser Mittel erlauben wollen, zugleich eine Beratung vorsehen.
Kauder lehnt das ab: "Die Selbsttötung mit erlaubter aktiver Hilfe von außen als Regelfall macht unsere Gesellschaft kälter", sagte er. Der Protestant warnte zudem die evangelische Kirche, von ihrer bislang ablehnenden Position abzurücken: In einer so grundlegenden Frage müsse sie sich darum bemühen, "dass die Botschaft nicht verwässert wird: Wir wollen Leben schützen." Das Urteil hatte auch in der evangelischen Kirche eine neue Diskussion ausgelöst, vor allem darüber, ob Suizidassistenz künftig auch in kirchlichen Einrichtungen denkbar wäre.