Zur Diskussion um eine Suizidassistenz in diakonischen Einrichtungen hat sich der Chef der Diakonie Baden, Oberkirchenrat Urs Keller, geäußert. "Als Anbieter von Suizidassistenz aufzutreten, verbietet sich", sagte Keller am Rande der Diakonie-Jahrespressekonferenz am Montag in Karlsruhe dem epd. Für die Diakonie gelte weiterhin der Grundsatz "Wir lassen niemanden allein in seiner Not".
Den Einrichtungen der Diakonie gehe es um Begleitung und Beratung von Betroffenen und ihren Angehörigen. Allerdings müsse man auch die Autonomie der Menschen im Blick haben: "Jeder wird in seinem Selbstbestimmungsrecht ernst genommen", so Keller. Anders als früher werde heute aber auch viel mehr über die Möglichkeiten der Palliativmedizin gesprochen.
Einsatz der Pflegekräfte gewürdigt
Zu den Herausforderungen der Diakonie durch die Corona-Pandemie sagte Keller, die Krise habe den gesellschaftlichen Zusammenhalt in vielen Teilen gestärkt. In der gesellschaftlichen Diskussion werde jedoch zu wenig gesehen, dass die Pandemie nicht nur ein Problem von alten und pflegebedürftigen Menschen sei. Keller würdigte besonders den herausragenden Einsatz der Pflegekräfte. Diese seien oft an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gekommen.
Mehr denn je sei die Wohlfahrtspflege daher auf Unterstützung durch die Politik angewiesen, sagte der Leiter des Seniorenzentrums Sonnhalde in Neuenbürg (Enzkreis), Ludger Schmitt. Langfristig müsse der Personalschlüssel in Alten- und Pflegeheimen endlich erhöht werden, um mindestens 30 Prozent. Für eine qualitativ hochwertige Pflege seien gut qualifizierte Mitarbeitende nötig.
Thema war auch die digitale Teilhabe aller Menschen. "Die digitale Teilhabe ist durch die Pandemie essenziell geworden", sagte Andre Peters, Vorstand Wirtschaft und Finanzen der Diakonie Baden: "Menschen ohne digitale Zugänge sind ausgeschlossen und in der Gesellschaft unsichtbar." Dies betreffe besonders arme und wohnungslose Menschen. Nötig sei eine politische Entscheidung der künftigen Landesregierung, dass Digitalisierung in der Sozialwirtschaft genauso vorangetrieben werde wie in anderen Bereichen der Gesellschaft.
Daher müsse eine digitale Gesellschaft niederschwellige Zugangsmöglichkeiten für alle Bürger sicherstellen, etwa durch beitragsfreies, öffentliches WLAN. Kinder und Erwachsene, die Sozialleistungen beziehen, müssten über Sachleistungen eine digitale Ausstattung bekommen, forderte Peters.
Pandemie verschärft Notlagen
Die Pandemie verdeutliche aber, wie wichtig persönliche Beziehungen seien, besonders für suchtkranke, psychisch kranke und wohnungslose Menschen, sagte Holger Hoffmann, stellvertretender Vorstand. Sozialarbeit wie Streetwork könne man nicht im Homeoffice machen: "Ohne persönlichen Kontakt gehen uns die Menschen verloren."
Beim Thema Armut zeige sich deutlich, wie sehr die Pandemie bestehende Notlagen verschärft. So gingen etwa Wohnungslosen Einnahmemöglichkeiten und überlebenswichtige Hilfsangebote verloren. Auch für Langzeitarbeitslose werde die Situation immer schwieriger.
So verzeichneten etwa die Schuldnerberatungen eine erhöhte Nachfrage. Neue Kunden seien Menschen, die ihre Arbeit verloren hätten oder in Kurzarbeit seien. Daher erneuerte Hoffmann die Forderung von Diakonie und Caritas nach einem "Grundrecht auf Wohnen". Zudem forderte er ein "Grundrecht auf Wärme". Es könne nicht sein, dass Familien der Strom oder gar das Wasser abgestellt würden.