Oaxaca de Juárez/San José (epd). Die Wirbelstürme in Mittelamerika haben nach Angaben von "Brot für die Welt" verheerende Schäden angerichtet. "In den Gegenden Nicaraguas, in denen unsere Partner tätig sind, wurden zwischen 50 und 90 Prozent der Ernte zerstört", sagte die Leiterin des örtlichen Regionalbüros der Hilfsorganisation, Christiane Schulz, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es sei sehr wichtig, dass Hilfsgüter unabhängig verteilt würden. Sonst bestehe die Gefahr, dass die nicaraguanische Regierung die Güter nur an ihre Anhänger weitergebe. Das Vertrauen in die Regierungen von Nicaragua und Honduras sei sehr gering. "Deshalb braucht es bei der Verteilung ein gutes Monitoring", erklärte die Leiterin des Büros in San José, Costa Rica.
Vor allem nichtstaatliche Organisationen und Aktivisten hätten Risikoanalysen erstellt, die Bevölkerung vorab gewarnt und Menschen in Notunterkünften versorgt. "Die Regierungen kamen ihrer Verantwortung nicht nach", kritisierte Schulz. Durch den Hurrikan "Eta", der die Region vor zwei Wochen heimsuchte, starben mindestens 200 Menschen, Hunderttausende wurden evakuiert, zahlreiche Straßen und Häuser zerstört. "Die Menschen saßen Tag und Nacht auf den Dächern, bis sie evakuiert wurden", berichtete Schulz.
Mit der Ankunft des zweiten Wirbelsturms "Iota" am Montag habe sich die Lage weiter zugespitzt. Schon vorher habe es in den Notunterkünften an allem gefehlt: An Matratzen, Essen, Kleidung, medizinischer Versorgung. "Wir reden von einer Krise in der Krise in der Krise", sagte Schulz. Bereits vor den Tropenstürmen hätten die Gesundheitssysteme in den armen Ländern Mittelamerikas keine ausreichende Krankenversorgung für Corona-Patienten garantieren können. Jetzt sehe es noch schlechter aus: "Die Unterkünfte in Nicaragua entsprechen nicht einmal den minimalsten Standards, Covid-19-Schutzmaßnahmen können dort auf keinen Fall umgesetzt werden."
Schulz macht auch eine verfehlte Wirtschafts- und Agrarpolitik für die Schäden verantwortlich. In Honduras drohten Staudämme zu bersten, und in El Salvador könnten die riesigen Zuckerrohrplantagen große Regenmengen nicht gut aufnehmen. "Die Regierungen setzen solche Projekte oft unter Missachtung menschenrechtlicher Standards durch," kritisierte Schulz. "Das kann zur Folge haben, dass Menschen keinen Zugang mehr zu Wasser haben oder von ihrem Land vertrieben werden." Ausgerechnet dieser Teil der Bevölkerung leide nun auch besonders unter den Stürmen. Dabei gebe es seit dem Hurrikan "Mitch" von 1998 eindeutige Erfahrungen. Sie zeigten, dass angepasste Anbaumethoden und der Schutz des natürlichen Bestandes dazu beitrügen, Schäden bei solchen Katastrophen zu vermeiden.