Celle (epd). Die Hospizexpertin Marlies Wegner warnt vor Auswirkungen der Corona-Pandemie auch auf den Umgang mit dem Sterben und der Trauer. "Wir befürchten, dass Rituale verloren gehen", sagte die Vorsitzende des Landesstützpunktes Hospizarbeit und Palliativversorgung in Niedersachsen in Celle dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Händedruck der Nachbarn auf dem Friedhof, die Nähe anderer Menschen, all das helfe in der Bewältigung von Trauer, sei aber derzeit kaum möglich. "Solche Rituale dürfen nicht in Vergessenheit geraten."
Viele ehrenamtliche Trauerbegleiterinnen und Trauerbegleiter versuchten, zum Beispiel mit Telefonaten oder Einzelgesprächen, Trauernde weiter zu unterstützen, sagte Wegner. Trauergruppen dürften sich aber nicht treffen. Zwar benötige nicht jeder Trauernde eine Trauergruppe. "Es gibt viele Menschen, die mit ihrer Trauer in der Familie und ihrem sozialen Umfeld gut zurechtkommen." Aber für manche Menschen seien solche Gruppen wichtig. "Es hilft schon, einfach von anderen zu hören, dass es Zeit braucht. Dass man nicht alleine ist und auch andere ähnliches erleben und erfahren."
Kontaktbeschränkungen in der Corona-Pandemie machten auch Begegnungen im Alltag noch schwieriger, erläuterte die frühere Hospizleiterin. "Alle Menschen sind verunsichert. Vielen fällt es ja ohnehin schwer, auf Trauernde zuzugehen." Auch Gottesdienste, in denen noch mal auf Tod und Sterben hingewiesen wird, könnten nicht wie üblich stattfinden. Am Ewigkeitssonntag (22. November) werden in den Gemeinden die Namen der Verstorbenen des letzten Jahres verlesen. "Wenn die Menschen dann nicht mehr kommen, sich vielleicht nicht trauen, in einen Gottesdienst zu gehen, dann geht dieser gemeinschaftsstiftende Gedanke verloren."
Wegner begrüßte, dass unter anderem die Bischöfe Ralf Meister (Evangelische Landeskirche Hannovers) und Heiner Wilmer (Bistum Hildesheim) am Ewigkeitssonntag besonders der Corona-Toten gedenken wollen. "Es ist ein schöner Gedanke, die Angehörigen und die Verstorben in ein Gebet einzuschließen und noch einmal zu bedenken, wie schwer vielleicht ihr letzter Weg war. Das kann hilfreich sein."
Auch dass Angehörige durch Besuchsbeschränkungen in Pflegeheimen oder Krankenhäusern Sterbende teils nicht wie gewünscht begleiten konnten, wird nach Wegners Ansicht Auswirkungen haben. "In den nächsten Wochen und Monaten wird es die Ehrenamtlichen in der Trauerbegleitung beschäftigen, dass Menschen auch davon berichten, dass sie von ihren Angehörigen nicht Abschied nehmen konnten und auch dadurch in einen erschwerten Trauerprozess kommen."