Frankfurt a.M. (epd). Angesichts der Debatte über Islamismus an deutschen Schulen hat die Frankfurter Islamwissenschaftlerin Susanne Schröter "empirisch belastbare Studien" gefordert. Inzwischen berichteten Schulleiterinnen und Lehrer vermehrt über religiöses Mobbing, Beschimpfungen muslimischer Mädchen, die kein Kopftuch trügen, und die Verhinderung bestimmter Themen im Unterricht, sagte die Professorin der Goethe-Universität dem Evangelischen Pressedienst (epd). Doch gebe es bisher keine wissenschaftlichen Studien zu diesen Missständen. Diese systematischen Erhebungen seien aber wichtig, um Extremismus vorzubeugen.
Dass Schulen in sozialen Brennpunkten Gefahr liefen, unter den Einfluss islamistischer Eltern und Schüler zu kommen, sei seit Jahren bekannt, doch sei dieses Thema lange tabuisiert worden, sagte Schröter. Die heutige Integrationsbeauftragte in Berlin-Neukölln, Güner Balci, habe bereits 2009 in dem Dokumentarfilm "Kampf im Klassenzimmer" gezeigt, wie nichtmuslimische Schüler von muslimischen Klassenkameraden gemobbt und körperlich traktiert würden. "Für die Muslime, die sich deutlich in der Überzahl befanden, waren die anderen Jugendlichen nur verachtenswerte Ungläubige", so Schröter.
Nach dem Muster der "Täter-Opfer-Umkehr" seien allerdings Gewalt und Respektlosigkeit muslimischer Schüler zumeist als Folge von Diskriminierung beschrieben worden. Lehrerinnen seien unter Rassismusverdacht gestellt worden, sagte die Leiterin des Forschungszentrums Globaler Islam.
"Erst als entdeckt wurde, dass jüdische Kinder besonders ins Visier der Islamisten gerieten, änderte sich das", sagte Schröter und erinnerte an den Fall eines jüdischen Schülers in Berlin, der von Klassenkameraden gemobbt und körperlich attackiert worden war und die Schule am Ende verließ. Erst als in der Presse darüber berichtet wurde, habe es Konsequenzen für die Täter gehabt.
Bildung, die zu einem klaren Verständnis der Grundrechte und zur Akzeptanz von Menschenrechten führe, sei in einer pluralistischen Gesellschaft die Grundlage des Zusammenlebens, betonte die Frankfurter Ethnologin. "Deshalb kann es uns nicht gleichgültig sein, was in den Schulen passiert."
Auch im Hinblick auf die Prävention von Extremismus falle den Schulen eine wichtige Rolle zu, sagte Schröter: "Wenn wir die Spaltung der Gesellschaft und ihren Zerfall in identitäre Gruppen verhindern wollen, wenn wir den inneren Frieden erhalten möchten, dann müssen wir jeder Art von Extremismus bei der jungen Generation entgegenwirken und entsprechende Maßnahmen entwickeln." Um dies tun zu können, sei aber eine "valide Datenbasis" notwendig. Deshalb fordere sie eine Schulstudie.