Frankfurt a.M., Nairobi (epd). In Kenia wird darüber gestritten, ob das Parlament wegen einer zu geringen Zahl weiblicher Abgeordneter aufgelöst werden muss. Die Regierung wehre sich gegen diese vom Obersten Gericht geforderte Maßnahme und plane juristische Schritte, berichtete die Zeitung "The Star" am Dienstag. Der Vorsitzende des Obersten Gerichts, David Maraga, hatte Präsident Uhuru Kenyatta am Montag in einer nichtbindenden Stellungnahme zur Auflösung aufgerufen, weil die Gleichberechtigung der Geschlechter nicht gewährleistet sei.
Die kenianische Verfassung von 2010 schreibt vor, dass der Staat Maßnahmen zur Förderung der Gleichberechtigung ergreifen muss. Zugleich dürfen demnach nicht mehr als zwei Drittel des Parlaments vom gleichen Geschlecht besetzt sein. Derzeit sind von 350 Abgeordneten 116 weiblich. Für die gesetzliche Vorgabe fehlt also mindestens eine Frau.
Das Parlament habe es in mehr als neun Jahren versäumt, die Zwei-Drittel-Vorschrift umzusetzen, heißt es in der Stellungnahme des Gerichts. Dies zeuge von einer gleichgültigen Haltung. Maraga schrieb, er müsse dem Präsidenten deshalb die Auflösung anraten. Die Regierung will dem Medienbericht zufolge die Bedeutung der Stellungnahme gerichtlich klären lassen.
Der Parlamentsvorsitzende Justin Muturi bezeichnete eine Auflösung als unrealistisch. Das Verhältnis zwischen der Regierung von Präsident Kenyatta und dem Obersten Gericht ist seit mehreren Jahren angespannt. 2017 hatte das Gericht Kenyattas Sieg bei der Präsidentenwahl wegen Unregelmäßigkeiten für ungültig erklärt und Neuwahlen angeordnet, die Kenyatta ebenfalls gewann.