Politik berät über Konsequenzen aus Eskalation am Bundestag

Politik berät über Konsequenzen aus Eskalation am Bundestag
Als "schändlich" bezeichnet Bundeskanzlerin Merkel die Bilder von Menschen mit Reichsflaggen auf den Stufen des Reichstagsgebäudes. Bundes- und Landespolitik beraten über Konsequenzen für die Sicherheit des Hauses.

Berlin (epd). Nach der Szene mit fahnenschwenkenden Rechtsextremisten vor dem Berliner Reichstagsgebäude diskutieren Politik und Sicherheitsbehörden über Konsequenzen für die Sicherheit des Parlaments und zukünftige Demonstrationen. Die Koalitionsfraktionen im Bundestag bemühen sich in Abstimmung mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) um einen Termin für eine Sitzung des Ältestenrats noch in dieser Woche, um über das Thema zu sprechen, wie ein Sprecher der Unionsfraktion auf Nachfrage sagte.

Diskutiert wird unter anderem darüber, wer künftig für die Sicherheit des Bundestags zuständig sein soll. Derzeit ist es nach Angaben des Bundesinnenministeriums die Landespolizei in Berlin. Am Wochenende gab es auch Überlegungen, die Regelungen für die sogenannte Bannmeile um das Parlament zu verschärfen, um Eskalationen bei Demonstrationen zu verhindern. Konkrete Vorschläge gibt es dazu bislang aber nicht.

Parteiübergreifend wurde die Szenerie am Samstagabend, bei der Demonstranten am Rande der Veranstaltungen gegen die Corona-Politik Absperrungen zum Bundestag durchbrachen, die Treppen erstürmten und teilweise Reichsflaggen schwenkten, scharf verurteilt. Am Montag meldete sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über ihren Sprecher Steffen Seibert zu Wort. Man habe am Wochenende ein Beispiel dafür erlebt, wie aus einer Demonstration heraus von einigen die Demonstrationsfreiheit missbraucht worden sei, sagte er.

"Das Ergebnis waren schändliche Bilder am Reichstag", betonte Seibert. Er sprach von "Antidemokraten", die versucht hätten, sich auf den Stufen des demokratischen Parlaments "breitzumachen". Direkt vor dem Reichstagsgebäude hatten von Samstagvormittag an Reichsbürger und Rechtsextremisten eine Kundgebung abgehalten, die auch von Polizisten getrennt von den Großdemonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen stattfand. Teilweise mischten sich die Teilnehmer zu beiden Seiten aber auch.

Der Sprecher von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wollte am Montag daher nicht pauschal von Rechtsextremisten bei der Eskalation am Reichstagsgebäude sprechen. Man habe dort offensichtliche Rechtsextremisten gesehen. Insgesamt sei es aber eine "bunte Mischung" gewesen, sagte er auch mit Hinweis darauf, dass dort türkische Fahnen geschwungen wurden. Seehofer selbst hatte am Sonntag von "Chaoten und Extremisten" gesprochen.

Merkel dankte am Montag den Polizisten, die am Wochenende im Einsatz waren, insbesondere den drei Beamten, die sich zunächst allein den Extremisten auf der Treppe des Bundestags entgegenstellen mussten. Das sei "geistesgegenwärtig und tapfer" gewesen.

Gemeinsam mit anderen Kolleginnen und Kollegen waren die drei Polizisten am Montag zu Gast bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue. Dabei betonte das Staatsoberhaupt, die Verteidigung der freiheitlichen Demokratie obliege nicht allein der Polizei: "Sie ist Aufgabe und Pflicht der gesamten Gesellschaft - und eines jeden Einzelnen." 33 Polizisten wurden nach Angaben der Berliner Polizei bei den Demo-Einsätzen am Wochenende verletzt.

Erneut betonte Steinmeier bei dem Treffen, Reichsflaggen, sogar Reichskriegsflaggen darunter, auf den Stufen des frei gewählten deutschen Parlaments, seien verabscheuungswürdig und angesichts der Geschichte dieses Ortes "geradezu unerträglich". Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, nannte die Bilder "unerträglich". Der "Jüdischen Allgemeinen" sagte er: "Leider ist den Rechtsextremen damit gelungen, was sie erreichen wollten, nämlich solche provozierenden Bilder zu produzieren, die jetzt massenhaft Verbreitung finden." Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, nannte die Szenen "inakzeptabel".

epd co/mih/lob fu