Heinz Fleck hat das Sterben in der Corona-Pandemie unmittelbar miterlebt: In einer der drei Pflegeeinrichtungen des Trägers im Landkreis Unna sind infolge der Epidemie 19 Menschen gestorben, darunter auch zwei Beschäftigte. "Nirgends ist der Körperkontakt so eng wie in der Pflege", sagte der Geschäftsführer des Schmallenbach-Hauses in Fröndenberg dem Evangelischen Pressedienst. Er will nicht akzeptieren, dass Pflegekräften und Pflegebedürftigen nicht flächendeckend und kostenlos regelmäßige Corona-Tests angeboten werden.
Deshalb hat Fleck mit Mitstreitern der AG Stationäre Pflege im Kreis Unna eine Petition gestartet. Mit 50.000 Unterschriften im Gepäck will er bei NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) darauf dringen, dass dieser den Weg frei macht für Reihentests in der Pflegebranche. Derzeit vertritt das Fachministerium die Auffassung, anlasslose Reihentestungen böten keine zusätzliche Sicherheit.
Testverordnung bereits im Mai
Dabei sieht Fleck Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf seiner Seite: Denn dieser ließ bereits Ende Mai rückwirkend zum 14. Mai eine Testverordnung in Kraft treten, die präventive Reihentests in Krankenhäusern und Pflegeheimen vorsieht. Sie sei notwendig, um "das Virus im Keim zu ersticken", erklärte der Minister damals. Und fügte hinzu: "Am Geld soll das nicht scheitern. Es ist viel teurer, zu wenig zu testen als zu viel zu testen." Die Testverordnung hat allerdings in der Praxis wenig bewirkt.
Nach einer Studie der Universität Bremen gehören Pflegebedürftige zu den am schwersten Betroffenen in der Corona-Krise. Demnach wurden 60 Prozent aller Corona-Toten zuvor in Pflegeheimen oder von Pflegediensten betreut. Die Hälfte aller Todesfälle tritt in Heimen auf, obwohl nur knapp ein Prozent der Bevölkerung in dieser Wohnform lebt.
Erhöhtes Risiko für Pflegekräfte
Aber "nicht nur pflegebedürftige Menschen sind bei einer Infektion mit dem SARS-CoV2-Virus in besonderem Maße von schweren Krankheitsverläufen und einer hohen Sterblichkeit bedroht", erklärt die Pflegewissenschaftlerin Karin Wolf-Ostermann, die die Studie geleitet hat. Zugleich seien auch die sie versorgenden Pflegekräfte durch erhöhte Infektionsrisiken gefährdet. Sie könnten ihre dringend notwendigen Dienstleistungen am Menschen häufig nicht unter Einhaltung der generellen Schutzmaßnahmen erbringen.
Die Ansteckungsgefahr in Pflegeheimen ist also überdurchschnittlich hoch. Hinzu kommt: Ein Heim hat nicht dieselben Möglichkeiten, auf einen Infektionsfall zu reagieren wie etwa eine Schule: "Wir können unser Haus nicht vorübergehend schließen", bringt es Geschäftsführer Fleck auf den Punkt, der für rund 600 Senioren und 400 Beschäftigte verantwortlich ist.
Finanzierung von Tests nicht geregelt
Um einen möglichst reibungslosen Betrieb an Schulen und Kitas zu gewährleisten, können sich nach einem Beschluss der NRW-Landesregierung alle 210.000 Beschäftigten an den öffentlichen und privaten Schulen sowie rund 153.00 Beschäftigte in der Kindertagesbetreuung bis zum 9. Oktober alle 14 Tage freiwillig auf das Coronavirus testen lassen. Die Kosten für die Testungen übernimmt das Bundesland.
Für den Pflegebereich gibt es hingegen nur eine sogenannte Handreichung des Landesgesundheitsministeriums. Danach können zwar Gesundheitsbehörden Corona-Tests in Pflegeheimen auch ohne konkreten Anlass vornehmen. Allerdings ist ihre Finanzierung nicht geregelt. Die Pflegeträger könnten die Kosten nicht übernehmen, sagt Geschäftsführer Fleck: "Das gibt das Budget der Pflegeeinrichtungen nicht her, das können wir uns nicht leisten."
Und Pflegekräfte, die zum Schutz ihrer eigenen Gesundheit und der Gesundheit der Bewohner zu regelmäßigen Tests bereit sind, stoßen ebenfalls an unüberwindbare Grenzen: Ohne konkreten Verdacht machen die Ärzte keine Tests. Deshalb fordert der Deutsche Pflegerat für Pflegende das Recht, jederzeit einen für sie kostenlosen Test veranlassen zu können.