Diejenigen, die für ihre Freiheit, keine Maske tragen zu müssen, demonstrierten, gingen agressiv auf alle los, die überzeugt seien, dass sie eine Maske vor Covid-19 schütze, schreibt Käßmann in ihrer Kolumne in der "Bild am Sonntag". Dabei vergäßen sie, dass es in einer demokratischen Gesellschaft eine Pflicht gebe, "die Freiheit der anderen mitzudenken".
"Was ist mit der Freiheit der Polizisten, die Demonstrationen auflösen müssen und sich dabei vielleicht selbst mit Corona infizieren?" fragt Käßmann und: "Was ist mit der Meinungsfreiheit von Journalistinnen und Journalisten, die bedroht und angepöbelt werden als 'Lügenpresse'?" Auch wer erkläre, man dürfe in diesem Land nicht mehr seine Meinung sagen, aber im Netz alle niedermache, die die eigene Meinung nicht teilen, missbrauche seine Freiheit.
Die frühere hannoversche Landesbischöfin und Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche verweist in diesem Zusammenhang auf den Kirchenreformator Martin Luther. Der schrieb: "Der Christenmensch ist ein freier Herr und niemandem untertan"; aber auch: "Der Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan." Freiheit sei nach Luther also "nicht nur ein Recht für mich selbst", sondern schließe die Verpflichtung ein, an die Freiheit des anderen zu denken, so Käßmann. "Wer Freiheit egomanisch nur für sich selbst einklagt, missbraucht sie."