Arabisch-christliche Livestreams in Corona-Zeiten

Arabisch Christlicher Livestream
© privat/Leila Josua
Pfarrer Hanna und seine Frau Heidi Josua erreichen durch ihre Livestreams aus dem Esszimmer Arabisch sprechende Christen weltweit.
Arabisch-christliche Livestreams in Corona-Zeiten
Hanna und Heidi Josua bauten vor 23 Jahren in Stuttgart die erste arabische evangelische Gemeinde in der württembergischen Landeskirche auf. Jetzt erreichen ihre Livestreams aus dem Esszimmer Arabisch sprechende Christen weltweit.

Seit 1997 gibt es in Stuttgart die erste arabisch-christliche Gemeinde innerhalb einer Landeskirche. Jetzt wurden durch die Corona-Verordnungen mit einem Schlag alle Begegnungen dort unmöglich. Pfarrer Hanna Nouri Josua und seine Frau Heidi, die die Gemeinde seit Beginn leiten, wollten die frei gewordene Zeit nutzen, an einem neuen Buch zu arbeiten. Ihre Gemeindemitglieder waren aber anderer Meinung: "In allen Telefonaten hieß es: 'Wir brauchen euch! Gerade jetzt.' Und wir merkten: Inmitten all der Unsicherheiten brauchen die Menschen Nähe, ein vertrautes Gesicht", erzählt Heidi Josua.

Das Ehepaar begann zu improvisieren, funktionierte eine Esszimmerecke in seinem Oberweissacher Zuhause zum Studio um und nahm Livesendungen auf, die auf ihrer Facebook-Seite gestreamt wurden. "Das war absolutes Neuland für uns. Wir versuchten ohne Knowhow und ohne Technik unser Bestes, stellten das aufnehmende Smartphone auf den Notenständer. Beleuchtung lieferte die Baulampe aus dem Keller, statt Einblendungen hielten wir Zettel in die Kamera", berichtet das Ehepaar.

Die Sendungen, die nach wie vor mehrmals wöchentlich gestreamt werden, enthalten jeweils ein Lied, biblische Botschaft und aktuelle Corona-Infos. Sonntags gibt es eine Predigt, wochentags eine Andacht. Religionspädagogin Heidi Josua, die auch Orientalistik studiert hat, erläutert als auflockerndes Element ägyptische Ikonen oder arabisch-christliche Kalligrafien des aus Bagdad stammenden Künstlers Maamun Kamran.

Verlässliche Informationen zum Thema Corona seien wichtig, weil viele Arabisch Sprechende nur schwer Zugang zu seriösen Medien hätten und daher für Fake-News anfällig seien, erklärt das Ehepaar. Es bereitet für seinen Livestream aktuelle Regelungen, Hygienemaßnahmen und Tipps zur Alltagsbewältigung anschaulich in Dialogform auf.

Frauen mehr zu Wort kommen lassen

Von den Klickzahlen ihrer eigentlich unprofessionellen Sendungen, die ursprünglich nur für ihre Gemeindeglieder und arabischen Bekannten gedacht waren, sind die Josuas überwältigt: zwischen 100 und 1.000 bekommen ihre Beiträge. Und es kamen schon Reaktionen aus den USA, Ägypten, dem Libanon, Jordanien und Schweden.   

Auch das gemeinsame Auftreten von Hanna und Heidi Josua zeigte offenbar Wirkung. "Mir ist aufgefallen: Nachdem ihr damit begonnen habt, begannen auch andere arabische Pastoren in verschiedenen Ländern mit ihren Frauen zusammen Sendungen zu machen. Es ist die Zeit gekommen, dass nicht mehr nur die Männer auf der Kanzel stehen, sondern dass wir Orientalen entdecken, dass auch Frauen etwas zu sagen haben. Ohne es beabsichtigt zu haben, leistet ihr einen wichtigen Beitrag dafür, dass Frauen im Orient mehr zu Wort kommen", lautete eine der Rückmeldungen.

Ganz verschiedene Gemeindemitglieder

Hanna Josua hatte in Beirut im Libanon Geschichte und Politologie studiert. In Deutschland promovierte er, bereits erblindet, in Theologie. Seine Gemeindemitglieder kommen aus vielen arabischen Staaten. Manche kamen beruflich nach Deutschland, viele sind in einer der vielen Krisenzeiten geflüchtet. Manche sind Analphabeten, manche Akademiker. Manche kommen aus Familien, die seit Generationen ihre Identität aus dem christlichen Glauben beziehen, manche sind Konvertiten oder am Christentum interessierte Muslime.

Josuas Stelle wird teils von der württembergischen Landeskirche, teils mit Spenden über den Verein Evangelisches Salam-Center finanziert. Ziel sei es, zu helfen, dass die Menschen, die aus einem großen Einzugsgebiet um Stuttgart kommen, in ihren jeweiligen Wohnorten integriert würden, erläutert der Pfarrer.

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Er begleitet inzwischen neben Stuttgart vier weitere arabische Gemeinden in Heilbronn, Singen, Weißenburg und Speyer. Daneben organisiert das Ehepaar auch überregionale arabische Veranstaltungen wie Freizeiten und Bibeltage und auch Seminare und Fortbildungen für deutsche Gemeinden zu Islam und Christentum, Begegnung und Integration.   

Weil die arabische Gemeinde wegen der Corona-Auflagen noch nicht in ihr normales Gottesdienstprogramm startet, wird es die Livestreams bis zu den Sommerferien geben. Zu finden sind sie unter "Arabic Evangelical Church Stuttgart" auf Facebook und YouTube.